Betreff
Vorstellung des "Leitfadens Freiflächen-Photovoltaik im Kreis Coesfeld"
Vorlage
SV-10-0784
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der „Leitfaden Freiflächen-Photovoltaik im Kreis Coesfeld“ wird zur Kenntnis genommen.

Sachdarstellung

 

Hintergrund:

Zurückgehend auf einen Antrag der CDU-Kreistagsfraktion vom 11.11.2021 wurde die Verwaltung mit Kreistagsbeschluss vom 14.12.2021 damit beauftragt, für das gesamte Kreisgebiet die Erstellung einer differenzierten Potenzialstudie für mögliche Photovoltaik-Freiflächen und Agro-Photovoltaikflächen unter Einbeziehung des vom LANUV herausgegebenen Energieatlas und unter besonderer Berücksichtigung landwirtschaftlicher Interessen zu erarbeiten. Die Potenzialstudie (im Folgenden „Leitfaden“) ergänzt damit die vielfältigen Aktivitäten des Kreises Coesfeld und der Städte und Gemeinden, Photovoltaik-Potenziale insbesondere auch auf privaten und gewerblichen Flächen zu heben. Ein Gutachten der Energielenker aus 2022 kommt zu dem Ergebnis, dass für eine Klimaneutralität bis 2040 1,2 GW Freiflächen-PV im Kreis Coesfeld zugebaut werden muss, was den großen Handlungsdruck aufzeigt, auch diese Potenziale für Erneuerbare Energien mit möglichst geringen Raumwiderständen zu heben.

 

Finanzierung und Auftragsvergabe:

Die Projektkosten in Höhe von rund 45.000 EUR brutto werden zu 90 % über eine progres.nrw-Förderung getragen, die im Juni 2022 beschieden wurde. Der gutachterliche Auftrag wurde nach erfolgter Ausschreibung im Juli 2022 an die ENWELO GmbH & Co. KG aus Steinfurt vergeben.

 

Projektverlauf und Ergebnisse:

Die Erarbeitung des Leitfadens erfolgte im regelmäßigen Austausch mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden, der Landwirtschaftskammer, dem landwirtschaftlichen Kreisverband Coesfeld, der Bezirksregierung Münster sowie der Umweltabteilung und der Bauaufsicht des Kreises Coesfeld. Die Koordinierung lag bei der Kreisentwicklung in Kooperation mit der GFC. Zudem erfolgte eine regelmäßige Abstimmung mit den Kreisen Borken und Steinfurt, die parallel ebenfalls entsprechende Studien erarbeiten.

 

Der Entwurf des Leitfadens Freiflächen-Photovoltaik wird in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, öffentliche Sicherheit und Ordnung am 15.03.2023 durch einen Vertreter der ENWELO GmbH vorgestellt.

 

Der Leitfaden liefert Erkenntnisse auf drei Ergebnisebenen:

1.       Kriterienkatalog als Argumentationshilfe zur Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) unter Berücksichtigung verschiedener Belange. Hierzu zählen…

-          Tabu-Kriterien, wie baurechtliche Anforderungen und Aspekte der Raumordnung. Hinzu kommen naturschutzfachliche, wasserwirtschaftliche und landwirtschaftliche Belange.

-          Einzelfallkriterien, die nicht pauschal zum Ausschluss von Flächen aus der Gebietskulisse (Landschaftsschutz- und Überschwemmungsgebiete).

-          Positive Kriterien, die sich in der Studie an den Kriterien zur Förderkulisse gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) und an der seit Anfang 2023 geltenden Privilegierung gemäß BauGB orientieren.

-          Weitere Kriterien, die bei der Errichtung von PV-FFA berücksichtigt werden sollten, jedoch in dem Leitfaden nur informativ dargestellt werden können, da die Geodatenbasis unvollständig ist oder rechtliche Grundlagen derzeit fehlen.

2.       Geodatenbasierte Potentialanalyse auf Basis des vorab entwickelten Kriteriengerüstes, die den Abwägungsprozess in den Kommunen als Argumentationshilfe unterstützen sollen. Es werden Flächen identifiziert…

-          in denen es theoretisch möglich ist eine PV-FFA zu errichten,

-          die sich für die Errichtung von PV FFA in besonderem Maße eignen,

-          die seit Anfang 2023 gemäß § 35 (1) BauGB privilegiert sind und damit keines Bebauungsplanes mehr bedürfen,

-          die eine pauschale Bewertung nicht zulassen und im Einzelfall geprüft werden müssen.

Der Leitfaden ermittelt allgemeingültige Potentiale auf Kreisebene. Individuelle Potentiale in den Kommunen können nicht berücksichtigt werden und sollten im Entscheidungsprozess vertieft beleuchtet und berücksichtigt werden.

3.       Machbarkeitsstudie Agri-PV unter Darstellung des aktuellen Stands der Technik sowie der Bewertung der Relevanz für den Kreis Coesfeld. Die Machbarkeitsstudie Agri-PV wird voraussichtlich im 2. Quartal 2023 fertiggestellt und der Studie als Nachtrag beigefügt.

 

Der Leitfaden soll eine Argumentationshilfe für oder gegen Freiflächen Photovoltaikanlagen auf bestimmten Flächen sein und liefert somit eine Hilfestellung für Städte und Gemeinden im kommunalen Abwägungsprozess, sowie für Flächeneigentümer, Projektierer und weitere Akteure. Der Leitfaden kann hierbei in keiner Weise die Funktion von Eignungs- oder Vorranggebieten im Sinne der Regionalplanung entfalten.

 

Die gemeinschaftliche Erarbeitung des Leitfadens hat zu einer intensiven Auseinandersetzung der betroffenen Akteure mit dem Thema Freiflächen Photovoltaikanlagen und seinen Herausforderungen geführt. Die Frage, auf welchen Flächen Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Kreis Coesfeld zur Umsetzung der Energiewende realisiert werden können, bleibt jedoch weiterhin eine Einzelfallbetrachtung. Wichtige Leitlinien konnten mit dem Leitfaden aber weitestgehend konsensual erarbeitet werden, was künftigen Planungs- und Genehmigungsprozessen dienlich sein dürfte. Zugleich sei darauf hingewiesen, dass sich energiepolitische und planungsrechtliche Rahmenbedingungen weiterhin sehr dynamisch entwickeln, was für den Erarbeitungsprozess des Leitfadens herausfordernd war und zugleich künftige Abwägungsprozesse für oder gegen eine PV-FFA verändern könnte.

 

Eine finale Version des Handlungsleitfadens einschließlich der Machbarkeitsstudie für Agri-PV Anlagen wird voraussichtlich im April 2023 unter Einbeziehung der Rückmeldungen der Kommunen zur Handhabbarkeit des Leitfadens erarbeitet. Die Form der Veröffentlichung der finalen Version wird in diesem Zuge mit den Kommunen abgestimmt.

 

Im April/ Mai 2023 wird der Kreis Coesfeld zudem eine Fachkonferenz zum Thema Freiflächen-Photovoltaik ausrichten.