Beschluss:
Die Verwaltung wird beauftragt, den kreisweiten Bedarf an Sprach- und Qualifizierungsangeboten für Erwachsene mit Einwanderungsgeschichte zu erheben und ggf. ein bedarfsgerechtes Fördermittelkonzept zu entwickeln.
I.
Sachverhalt
In
der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Schule und Integration am 02.03.2023
wurde ausführlich zu Rahmenbedingungen und Umsetzung der Sprach- und
Integrationskurse im Kreis Coesfeld berichtet (SV-10-0812). In der vom Kreistag
eingesetzten Arbeitsgruppe zur Fachkräftesicherung wurde das Thema
Sprachförderung ebenfalls intensiver erörtert.
Folgende
wichtige Erkenntnisse zur allgemeinen Situation und bezüglich der
Besonderheiten im Kreis Coesfeld sind als Ergebnis festzuhalten:
Der
Erwerb von Sprachkompetenz in Schrift und Wort ist der zentrale Schlüssel für
eine erfolgreiche Integration. Dies gilt sowohl für die soziale Integration von
Neuzugewanderten als auch für die Integration von Menschen mit Einwanderungsgeschichte
in Ausbildung und Beschäftigung. Das Erlangen von Berufsabschlüssen scheitert
oft nicht an den praktischen Fertigkeiten, sondern überwiegend daran, dass die
theoretischen Voraussetzungen aufgrund von fehlenden (Berufs-)Sprachkenntnissen
nicht gemeistert werden.
Sprach-
und Integrationskurse und der Nachweis über ein bestimmtes Deutsch-Sprachniveau
bilden eine zentrale formale Voraussetzung für die Verbesserung des
aufenthaltsrechtlichen Status. Dies gilt aktuell insbesondere für den Personenkreis,
der von einem bisherigen Duldungsstatus über das seit dem 01.01.2023 gültige
Chancen-Aufenthaltsrecht (nach § 104c und später über §§ 25 a und b AufenthG)
ein langfristiges Bleiberecht erlangen möchte.
Potentiell
Berechtigte müssen zumindest mündlich das Deutsch-Sprachniveau A2 nachweisen.
Dies kann in erster Linie über ein Zertifikat von einem Sprachkursanbieter
belegt werden. Wenn die Antragstellenden bereits über ausreichende
Deutsch-Sprechfähigkeiten verfügen, müssen sie nicht zwangsläufig einen Kurs
absolvieren, sondern es reicht für den Nachweis, wenn sie eine sog.
Externenprüfung ablegen. Die Kosten für diese Prüfung belaufen sich auf ca. 150
€ und können im SGB II – Bereich bei Vorliegen einer entsprechenden
Berechtigung von den Jobcentern übernommen werden.
Aufgrund
der geschilderten Gegebenheiten im ländlichen Flächenkreis und dem Mangel an
Honorarkräften sowie Teilnehmenden in homogenen Lerngruppen, scheint ggf. der
Einsatz zusätzlicher Kreismittel zur Schließung von Angebotslücken angezeigt.
Gegenwärtig
werden Wartezeiten bis zum Start eines Integrationskurses in einigen Kommunen
über einzelne Projektförderungen und den unermüdlichen Einsatz von
ehrenamtlichen Kräften überbrückt. Hierbei ist die Zielgruppe auf das
ehrenamtliche Engagement angewiesen und eine flächen- und bedarfsdeckende
Planungssicherheit ist auf diese Weise für die Kommunen nicht gegeben.
Grundsätzlich
wird es zudem als wünschenswert erachtet, dass alle Personen, die sich über
einen längeren Zeitraum in Deutschland aufhalten, einen Zugang zu einem
Basis-Deutschkurs erhalten – ganz unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status.
Nur durch die Möglichkeit zur Verständigung werden Teilhabe und selbstwirksame
Integration in die Regelsysteme für Erwachsene mit Einwanderungsgeschichte
möglich.
Durch
einen Haushaltsansatz zur Qualifizierung- und Sprachförderung der Zielgruppe,
könnten wirkungsvolle und niedrigschwellige Angebote durch das Kommunale
Integrationszentrum initiiert und gemeinsam mit den Städten und Gemeinden, den
Flüchtlingsinitiativen und den Trägern der freien Wohlfahrtspflege umgesetzt
werden.
Neben
der Vorbereitung auf einen Integrationskurs wären alltagspraktische
Sprachförderangebote ebenso denkbar, wie berufsfachsprachliche
Vertiefungskurse. Das Jahr 2023 könnte genutzt werden, den Bedarf an
zusätzlicher Sprach- und Qualifizierungsförderung zu ermitteln und über den
Entwurf einer Förderrichtlinie ein bedarfsgerechtes und flächendeckendes
Angebot zu konzipieren.
Wichtig wäre darüber hinaus, das vorhandene Sprach- und Qualifizierungsangebot für Menschen mit Einwanderungsgeschichte abzubilden und mögliche Zugangsbarrieren abzubauen. So gibt es z. B. Erstorientierungskurse vom ASB Münsterland e.V. in Nottuln, Seppenrade und online, die nicht frequentiert werden, obwohl sie eine sinnvolle Vorbereitung auf einen Integrationskurs darstellen.
II.
Kosten/Finanzierung
BAMF-Kurse
Für Kurse das BAMF werden dem
Träger nach vorliegendem Kenntnisstand 4,58€ pro TN pro UE erstattet. Somit
belaufen sich die Kosten pro TN für einen allgemeinen Integrationskurs mit 700
UE auf 3.206€. Geht man davon aus, dass an einem Kurs 20 Personen teilnehmen,
belaufen sich die Kosten auf 64.120€.
Selbstzahler müssen grundsätzlich nur 50% der Kosten tragen, also 2,29€ pro UE und 1.603€ für einen gesamten Kurs. Darüber hinaus steht einem Selbstzahler die Möglichkeit offen, nach erfolgreichem Abschluss 50% des Eigenanteils auf Antrag zurückerstatten zu lassen, also 801,50€.
Eine freiberufliche Lehrkraft muss in einem Integrationskurs mindestens 42,23€ pro UE erhalten.
Darüber hinaus erhält der Träger eine Kostenerstattung für den Einstufungstest sowie für die Prüfung.
Eine Externenprüfung kostet je Fall 150€ bei einem Sprachkursträger (s.o).
Angebote in Einzelprojekten
und/oder durch Ehrenamtler
Hierzu liegen bezüglich Kosten/Finanzierung bisher nur punktuell Erkenntnisse vor. Hier könnte über eine Bestandserhebung mehr Klarheit geschaffen werden.
Bestands-/Bedarfserhebung
Die Bestandserhebung zu Sprachförderangeboten soll durch die Verwaltung erfolgen (KI) und verursacht zunächst keine zusätzlichen Kosten.
III.
Alternativen
·
Auf weitere
kreiseigene Aktivitäten zur Sprachförderung wird verzichtet. Diese gilt dann
auch für die Bestandserhebung.
·
Über
Alternativen und Varianten möglicher kreiseigener Aktivitäten/Förderungen zur
Sprachförderung kann und soll erst nach Vorliegen der Bestands-/Bedarfserhebung
entschieden werden.
IV.
Zuständigkeit für die Entscheidung
Aufgrund
der inhaltlichen Zuständigkeit soll die Beauftragung zur Bestandserhebung durch
den Fachausschuss erfolgen.