Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung von den Verboten des § 41 Landesnaturschutzgesetz für die Beseitigung von 2 Alleebäumen zum Ausbau des Knotenpunkts Moorkamp/Halterner Straße in Dülmen zu.
Die Stadt Dülmen
beabsichtigt eine weitere Gebietsentwicklung im Bereich des Moorkamps. Das
bisher nahezu vollständig für Gewerbenutzung festgesetzte Gebiet soll teilweise
einer Wohnbebauung zugeführt werden. Für diese geplante städtebauliche
Entwicklung hat die Stadt Dülmen einen Aufstellungsbeschluss zur V. Änderung
und zur Ergänzung des Bebauungsplans Nr. 79/4 „Gausepatt“ gefasst.
Für eine weitere
Gebietsentwicklung besteht durch den Landesbetrieb Straßenbau die Auflage zum
Ausbau der Anbindung des Moorkamps an die Halterner Straße. Im Bestand hat der
Moorkamp bisher nur den Charakter eines Wirtschaftsweges.
Durch den Ausbau des Knotenpunktes ist ein
Abschnitt einer Allee betroffen, die im Alleenkataster der Landes NRW unter der
Kennung AL-COE-0049 „Lindenallee an der Haltener Straße (L 551)“ geführt wird.
Die Gesamtlänge der Allee wird im Kataster mit einer Länge von 1.540 m
geführt. Im Bereich des Knotenpunktes müssten aus dieser Allee zwei Bäume
gefällt werden.
Für das geplante
Vorhaben ist eine Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von dem
Verbot des § 41 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz erforderlich.
Die Befreiung kann gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG auf
Antrag gewährt werden, wenn
1. dies aus Gründen des überwiegenden
öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher
Art, notwendig ist oder
2. die Durchführung der Vorschriften im
Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit
den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Mit Datum vom
01.03.2022 hat die Stadt Dülmen einen Antrag auf Befreiung von dem geltenden
Verbot gestellt. Der Antrag wurde am 14.06.2022 um die geplanten
Ersatzpflanzungen ergänzt.
Aufgrund der
Betroffenheit einer Allee wurde auch gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 3.c)
LNatSchG NRW eine Beteiligung der Naturschutzverbände durchgeführt. Die
Beteiligung erfolgte aufgrund der Gemengelage zur benachbarten Allee „Hülstener
Straße“ trotz der hier zu erwartenden geringfügigen Auswirkungen auf Natur und
Landschaft, in deren Falle auf eine Beteiligung gem. 66 Abs. 2
LNatSchG verzichtet werden kann.
Der NABU
Kreisverband Coesfeld hat mit Datum vom 15.07.2022 hierzu eine ablehnende
Stellungnahme abgegeben, da auch eine alternative Erschließungsmöglichkeit über
eine Anbindung an die geplante Südumgehung in der Höhe Hülstener Straße möglich
wäre. Hierzu müsste die in den Trassenvarianten 3 und 4 geplante Stichstraße
mit Wendehammer bis zum Moorkamp und Jahnstraße verlängert werden, so dass der
durch die Erweiterung des Bebauungsplans Nr.79/4 „Gausepatt“ ( V. Änderung )
anfallende Straßenverkehr über diese Straße an das übergeordnete Straßensystem
abgeführt werden könnte.
Abwägungsentscheidung:
Die Erteilung
einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG setzt voraus, dass
öffentliche Interessen vorliegen, welche die naturschutzrechtlichen Belange überwiegen.
Das öffentliche Interesse, das die Außerachtlassung naturschutzrechtlicher Ge-
und Verbote rechtfertigen soll, muss dabei ein qualifiziertes, hingegen kein
zwingendes öffentliches Interesse sein.
Der vom
Straßenbaulastträger geforderte Ausbau des Knotenpunktes ist als öffentliches
Interesse zu werten. Der Moorkamp kommt in seiner jetzigen Ausbaustufe dem
erhöhten Verkehrsaufkommen, bedingt durch fortschreitende Entwicklung des
Gebietes nicht nach.
Die Gewährung
einer Befreiung kommt zudem nur in atypischen und daher vom Gesetzgeber
erkennbar nicht vorhergesehenen Einzelfällen aufgrund einer Einzelfallprüfung
in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. September 1992 - 7 B 130.92 -
Buchholz 406.401 § 31 BNatSchG Nr. 2 S. 2).
In der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass der Neubau
eines Straßenvorhabens regelmäßig ein für das Bestehen einer Befreiungslage
erforderliches atypisches und zugleich singuläres Vorhaben darstellt, welches
auch bei dem vorliegenden Antrag einschlägig ist.
Die im Rahmen
der Stellungnahme der Naturschutzverbände vorgebrachte Alternative einer
Erschließung des Moorkamps über eine Stichstraße von der bisher nicht
realisierten Südumgehung kann im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden.
Zum derzeitigen Zeitpunkt besteht durch den aufgehobenen Befreiungsentscheid
(VG 7K 22248/18 vom 22.02.2023) kein Planungsrecht für den Ausbau der Hülstener
Straße. Unabhängig davon würde eine alternative Erschließung über einen
weiteren Knotenpunkt in diesem Bereich in jedem Falle einen Eingriff in die
bestehende oder evtl. künftig neu angelegte Allee bedeuten und kommt daher als
Alternative nicht in Betracht.
Weitere
Planungsalternativen, die zu einer Vermeidung des Eingriffs in den Alleebestand
führen könnten, drängen sich im vorliegenden Fall nicht auf.
Der Eingriff in die Allee bezieht sich auf
den eng umgrenzten Bereich am Moorkamp und hier auf zwei Bäume. Durch die
Anforderungen an den Knotenpunkt für die Abwicklung des zu erwartenden Ziel-
und Quellverkehr aus dem angrenzenden Gewerbe- und Wohngebiet ist der Eingriff
in die Allee auch nicht weiter vermeidbar. Die Beeinträchtigung der Allee
selber ist auch als geringfügig zu sehen. Es entsteht eine einseitige Lücke von
weniger als 100 m durch den Verlust der 2 Bäume, so dass der Bestand auch
weiterhin als Allee im Sinne des Alleenkatasters zu werten ist (https://alleen.naturschutzinformationen.nrw.de/alleen/de/Alleen
im Sinne des Alleenkatasters).
Im Rahmen der Abwägung zwischen dem
öffentlichen Interesse an dem Ausbau des Knotenpunktes und der betroffenen
Allee kommt die untere Naturschutzbehörde damit zu der Entscheidung, dass in
diesem Falle eine Befreiung vom § 41 Abs. 1 LNatSchG erteilt werden kann.
Artenschutzrechtliche
Belange
Bei dem betroffenen Baumbestand handelt es sich
um Platanen, die eine ca. 70 Jahre alt, die kleinere 20-30 Jahre. Der ältere
Baum weist im unteren Bereich des Stammes eine alte Verletzung und Hohlraum
auf. Diese ist aber für die Standsicherheit nicht relevant. Vitalitätsstufen
nach ROLOFF: der ältere Baum Vitalitätsstufe 2, der jüngere 0-1. Bei der
Betrachtung vor Ort wurden keine artenschutzrechtlichen Belange festgestellt (Info der Stadt Dülmen vom 27.06.2022).
Bei Beachtung
der gesetzlich eingeschränkten Fällzeiten ist damit nicht von einem Verstoß
gegenüber den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten auszugehen.
Ersatzpflanzungen
für den Verlust von 2 Straßenbäumen
Da innerhalb der
Allee selber keine Möglichkeiten für Ersatzpflanzungen zu finden sind, ist eine
externe Kompensation für den Verlust des Baumbestandes erforderlich. Vorgesehen
ist eine Ersatzpflanzung von Straßenbäumen entlang des Mühlenbaches in der
Bauernschaft Börnste. Hier wird eine bestehende lückige Baumreihe um die
Anpflanzung von 10 Traubeneichen ergänzt.
Die Befreiung
soll mit folgenden Nebenbestimmungen erteilt werden:
- Bei der
Durchführung der Baumaßnahme ist in jedem Fall naturschonend vorzugehen.
Dies bedeutet insbesondere, dass prägende Landschaftsbestandteile (Hecken,
Bäume, Geländeböschungen, Kleingewässer etc.) unbeschädigt und
unbeeinträchtigt zu erhalten sind.
- Die
Flächeninanspruchnahme für den Baubetrieb ist auf das geringstmögliche Maß
zu reduzieren.
- Die Fällung
der Bäume darf ausschließlich im Zeitraum zwischen dem 01.10. und 28./29.02
des Folgejahres erfolgen (§ 39 Abs.2 Nr.5 BNatSchG).
- Zur
Kompensation für den Eingriff in den Gehölzbestand ist die Anpflanzung von
mind. 10 Straßenbäumen im Bereich des Mühlenbachs umzusetzen (siehe
Lageplan).
1.
Antrag
auf Befreiung
2.
Übersichtsplan
3.
Lageplan
(nur verfügbar im Kreistags-Informations-System)
4.
Übersichtsplan
Ersatzpflanzungen
5.
Lageplan
Ersatzpflanzungen