Betreff
Beseitigung von 2 Alleebäumen in Dülmen
Vorlage
SV-10-0893
Aktenzeichen
70.2
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung von den Verboten des § 41 Landesnaturschutzgesetz für die Beseitigung von 2 Alleebäumen zum Ausbau des Knotenpunkts Moorkamp/Halterner Straße in Dülmen zu.

 

Begründung:

 

Die Stadt Dülmen beabsichtigt eine weitere Gebietsentwicklung im Bereich des Moorkamps. Das bisher nahezu vollständig für Gewerbenutzung festgesetzte Gebiet soll teilweise einer Wohnbebauung zugeführt werden. Für diese geplante städtebauliche Entwicklung hat die Stadt Dülmen einen Aufstellungsbeschluss zur V. Änderung und zur Ergänzung des Bebauungsplans Nr. 79/4 „Gausepatt“ gefasst.

Für eine weitere Gebietsentwicklung besteht durch den Landesbetrieb Straßenbau die Auflage zum Ausbau der Anbindung des Moorkamps an die Halterner Straße. Im Bestand hat der Moorkamp bisher nur den Charakter eines Wirtschaftsweges.

 

Durch den Ausbau des Knotenpunktes ist ein Abschnitt einer Allee betroffen, die im Alleenkataster der Landes NRW unter der Kennung AL-COE-0049 „Lindenallee an der Haltener Straße (L 551)“ geführt wird. Die Gesamtlänge der Allee wird im Kataster mit einer Länge von 1.540 m geführt. Im Bereich des Knotenpunktes müssten aus dieser Allee zwei Bäume gefällt werden.

 

Für das geplante Vorhaben ist eine Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von dem Verbot des § 41 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz erforderlich.

 

Die Befreiung kann gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG auf Antrag gewährt werden, wenn

1.    dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder

2.    die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

 

Mit Datum vom 01.03.2022 hat die Stadt Dülmen einen Antrag auf Befreiung von dem geltenden Verbot gestellt. Der Antrag wurde am 14.06.2022 um die geplanten Ersatzpflanzungen ergänzt.

 

Aufgrund der Betroffenheit einer Allee wurde auch gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 3.c) LNatSchG NRW eine Beteiligung der Naturschutzverbände durchgeführt. Die Beteiligung erfolgte aufgrund der Gemengelage zur benachbarten Allee „Hülstener Straße“ trotz der hier zu erwartenden geringfügigen Auswirkungen auf Natur und Landschaft, in deren Falle auf eine Beteiligung gem. 66 Abs. 2 LNatSchG verzichtet werden kann.

Der NABU Kreisverband Coesfeld hat mit Datum vom 15.07.2022 hierzu eine ablehnende Stellungnahme abgegeben, da auch eine alternative Erschließungsmöglichkeit über eine Anbindung an die geplante Südumgehung in der Höhe Hülstener Straße möglich wäre. Hierzu müsste die in den Trassenvarianten 3 und 4 geplante Stichstraße mit Wendehammer bis zum Moorkamp und Jahnstraße verlängert werden, so dass der durch die Erweiterung des Bebauungsplans Nr.79/4 „Gausepatt“ ( V. Änderung ) anfallende Straßenverkehr über diese Straße an das übergeordnete Straßensystem abgeführt werden könnte.

 

Abwägungsentscheidung:

Die Erteilung einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG setzt voraus, dass öffentliche Interessen vorliegen, welche die naturschutzrechtlichen Belange überwiegen. Das öffentliche Interesse, das die Außerachtlassung naturschutzrechtlicher Ge- und Verbote rechtfertigen soll, muss dabei ein qualifiziertes, hingegen kein zwingendes öffentliches Interesse sein.

 

Der vom Straßenbaulastträger geforderte Ausbau des Knotenpunktes ist als öffentliches Interesse zu werten. Der Moorkamp kommt in seiner jetzigen Ausbaustufe dem erhöhten Verkehrsaufkommen, bedingt durch fortschreitende Entwicklung des Gebietes nicht nach.

 

Die Gewährung einer Befreiung kommt zudem nur in atypischen und daher vom Gesetzgeber erkennbar nicht vorhergesehenen Einzelfällen aufgrund einer Einzelfallprüfung in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. September 1992 - 7 B 130.92 - Buchholz 406.401 § 31 BNatSchG Nr. 2 S. 2).

 

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass der Neubau eines Straßenvorhabens regelmäßig ein für das Bestehen einer Befreiungslage erforderliches atypisches und zugleich singuläres Vorhaben darstellt, welches auch bei dem vorliegenden Antrag einschlägig ist.

 

Die im Rahmen der Stellungnahme der Naturschutzverbände vorgebrachte Alternative einer Erschließung des Moorkamps über eine Stichstraße von der bisher nicht realisierten Südumgehung kann im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden. Zum derzeitigen Zeitpunkt besteht durch den aufgehobenen Befreiungsentscheid (VG 7K 22248/18 vom 22.02.2023) kein Planungsrecht für den Ausbau der Hülstener Straße. Unabhängig davon würde eine alternative Erschließung über einen weiteren Knotenpunkt in diesem Bereich in jedem Falle einen Eingriff in die bestehende oder evtl. künftig neu angelegte Allee bedeuten und kommt daher als Alternative nicht in Betracht.

Weitere Planungsalternativen, die zu einer Vermeidung des Eingriffs in den Alleebestand führen könnten, drängen sich im vorliegenden Fall nicht auf.

 

Der Eingriff in die Allee bezieht sich auf den eng umgrenzten Bereich am Moorkamp und hier auf zwei Bäume. Durch die Anforderungen an den Knotenpunkt für die Abwicklung des zu erwartenden Ziel- und Quellverkehr aus dem angrenzenden Gewerbe- und Wohngebiet ist der Eingriff in die Allee auch nicht weiter vermeidbar. Die Beeinträchtigung der Allee selber ist auch als geringfügig zu sehen. Es entsteht eine einseitige Lücke von weniger als 100 m durch den Verlust der 2 Bäume, so dass der Bestand auch weiterhin als Allee im Sinne des Alleenkatasters zu werten ist (https://alleen.natur­schutzinformationen.nrw.de/alleen/de/Alleen im Sinne des Alleenkatasters).

Im Rahmen der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an dem Ausbau des Knotenpunktes und der betroffenen Allee kommt die untere Naturschutzbehörde damit zu der Entscheidung, dass in diesem Falle eine Befreiung vom § 41 Abs. 1 LNatSchG erteilt werden kann.

 

Artenschutzrechtliche Belange

Bei dem betroffenen Baumbestand handelt es sich um Platanen, die eine ca. 70 Jahre alt, die kleinere 20-30 Jahre. Der ältere Baum weist im unteren Bereich des Stammes eine alte Verletzung und Hohlraum auf. Diese ist aber für die Standsicherheit nicht relevant. Vitalitätsstufen nach ROLOFF: der ältere Baum Vitalitätsstufe 2, der jüngere 0-1. Bei der Betrachtung vor Ort wurden keine artenschutzrechtlichen Belange festgestellt (Info der Stadt Dülmen vom 27.06.2022).

Bei Beachtung der gesetzlich eingeschränkten Fällzeiten ist damit nicht von einem Verstoß gegenüber den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten auszugehen.

 

Ersatzpflanzungen für den Verlust von 2 Straßenbäumen

Da innerhalb der Allee selber keine Möglichkeiten für Ersatzpflanzungen zu finden sind, ist eine externe Kompensation für den Verlust des Baumbestandes erforderlich. Vorgesehen ist eine Ersatzpflanzung von Straßenbäumen entlang des Mühlenbaches in der Bauernschaft Börnste. Hier wird eine bestehende lückige Baumreihe um die Anpflanzung von 10 Traubeneichen ergänzt. 

 

 

Die Befreiung soll mit folgenden Nebenbestimmungen erteilt werden:

  • Bei der Durchführung der Baumaßnahme ist in jedem Fall naturschonend vorzugehen. Dies bedeutet insbesondere, dass prägende Landschaftsbestandteile (Hecken, Bäume, Geländeböschungen, Kleingewässer etc.) unbeschädigt und unbeeinträchtigt zu erhalten sind.
  • Die Flächeninanspruchnahme für den Baubetrieb ist auf das geringstmögliche Maß zu reduzieren.
  • Die Fällung der Bäume darf ausschließlich im Zeitraum zwischen dem 01.10. und 28./29.02 des Folgejahres erfolgen (§ 39 Abs.2 Nr.5 BNatSchG).
  • Zur Kompensation für den Eingriff in den Gehölzbestand ist die Anpflanzung von mind. 10 Straßenbäumen im Bereich des Mühlenbachs umzusetzen (siehe Lageplan).

 

Anlagen:

 

1.         Antrag auf Befreiung

2.         Übersichtsplan

3.         Lageplan (nur verfügbar im Kreistags-Informations-System)

4.         Übersichtsplan Ersatzpflanzungen

5.         Lageplan Ersatzpflanzungen