Betreff
Beseitigung einer Wallhecke in Coesfeld-Flamschen zur Errichtung eines Umspannwerks
Vorlage
SV-10-0903
Aktenzeichen
70.2
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung von dem Verbot des § 39 Landesnaturschutzgesetz für die Beseitigung einer Wallhecke zur Errichtung und zum Betrieb eines Umspannwerks in Coesfeld-Flamschen zu.

Begründung:

 

Die Stadtwerke Coesfeld beabsichtigen die Errichtung eines Umspannwerks auf dem ehemaligen Deponiegelände in Coesfeld-Flamschen. Das Umspannwerk wird erforderlich, um das Stromnetz der Stadt Coesfeld auf die mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien anfallenden zusätzlichen Strommengen zukunftsfähig auszulegen.

Hinsichtlich detaillierter technischer Erläuterungen wird auf die Ausführungen der Stadtwerke Coesfeld in den Antragsunterlagen verwiesen.

 

Im südlichen Randbereich des Vorhabengebiets verläuft entlang des Wirtschaftswegs eine Wallhecke. Für die Errichtung und den sicheren Betrieb des Umspannwerks ist die Beseitigung der Wallhecke erforderlich.

 

Bei der Wallhecke handelt es sich um einen gesetzlich geschützten Landschaftsbestandteil gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 Landesnaturschutzgesetz.

 

Die Maßnahmen zur Beseitigung umfassen die Entfernung von Sträuchern und 23 mittelalten/älteren Stieleichen auf einer Länge von 47 m Länge. Im östlichen Abschnitt kann eine ältere Eiche erhalten werden. Nach der Entfernung der Gehölze wird der Wall abgetragen.

Die Beseitigung der bestehenden Gehölze ist erforderlich, um eine Anlagenbeschädigung durch einen möglichen Windwurf bzw. Astabbruch der Gehölze zu vermeiden und so einen sicheren Betrieb des Umspannwerks zu ermöglichen. Der Abtrag des Walls erfolgt, um eine fachtechnisch sichere Verlegung der Stromkabel zu gewährleisten. Ferner führt die geplante Zufahrt zum Umspannwerk durch die derzeit bestehende Wallhecke.

Der Vorhabenbereich wurde in der Vergangenheit als Sandabgrabung genutzt. Nach Beendigung des Sandabbaus erfolgte eine Verfüllung als Bodendeponie.

Das östlich angrenzend gelegene Biotop gem. § 30 Bundesnaturschutzgesetz (Kleingewässer/Röh­richt/Riede) wird von der Planung zur Errichtung des Umspannwerks nicht betroffen.

 

Der ermittelte Gesamteingriff nach Naturschutzrecht umfasst ein Biotopwertdefizit von 14.455 Biotopwertpunkten. Als erheblicher Eingriff ist insbesondere die Inanspruchnahme der Gehölze auf der Wallhecke sowie des dem Deponiekörper aufliegenden Extensivgrünlands zu werten.

Nach Abschluss der Errichtung des Umspannwerks wird auf der Fläche der ehemaligen Wallhecke ein neuer Gehölzstreifen aus Sträuchern und Bäumen II. Ordnung angepflanzt, wobei die Gehölzauswahl den Schutz der unterführenden Stromkabel berücksichtigt.

Als externe Kompensationsmaßnahmen werden

-          für die Entfernung der Wallhecke (Wald i. S. d. Landesforstgesetzes) auf einer vom Landesbetrieb Wald und Holz bereits anerkannten Ersatzaufforstung eines ehemaligen Sportplatzes auf dem Gebiet der Stadt Borken im Verhältnis von 1:1,5 ein Teilbereich verwendet,

-          aus einem anerkannten Ökokonto der Stadtwerke Coesfeld im Letter Bruch 9.000 Biotopwertpunkte (Gemarkung Lette, Flur 21, Flurstück 402) angesetzt sowie

-          auf dem östlich des Vorhabenbereichs gelegenen Biotop gem. § 30 BNatSchG (Kleingewässer) regelmäßige Pflegearbeiten durchgeführt.

 

Für das geplante Vorhaben ist eine Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von dem Verbot des § 39 Abs. 2 Landesnaturschutzgesetz erforderlich, das sich auf Maßnahmen erstreckt, die zu einer erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung oder zu einer Zerstörung des geschützten Landschaftsbestandteiles führen können.

Mit Datum vom 19.04.2023 haben die Stadtwerke Coesfeld einen Antrag auf Befreiung von dem Verbot gestellt.

 

Im Rahmen der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien und dem betroffenen Wallheckenschutz kommt die untere Naturschutzbehörde zu der Entscheidung, dass in diesem Falle die Interessen am Ausbau der erneuerbaren Energien gegenüber den naturschutzrechtlichen Belangen überwiegen.

Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist die Tatsache, dass mit der Inanspruchnahme eines bereits durch die Deponienutzung beeinträchtigten Standorts keine neuen Flächen im Außenbereich beansprucht werden müssen, mit der PV-Anlage auf der Deponie eine Struktur der erneuerbaren Energien bereits besteht und mit dem Industriepark Nord.Westfalen ein Großabnehmer von Strom in unmittelbarer Nähe besteht.

Aufgrund der notwendigen Verteilsituation von Umspannwerken um den Stadtbereich Coesfeld bestehen zudem keine weiträumigen Standortalternativen. Die ebenfalls in den Antragsunterlagen hierzu enthaltenen Betrachtungen wurden von den Stadtwerken Coesfeld unter Mitwirkung der unteren Naturschutzbehörde erarbeitet.

 

Aus genehmigungsrechtlicher Sicht ist folgendes zu beachten: Der Vorhabenbereich des Umspannwerks liegt im planfestgestellten Geltungsbereich der Bodendeponie. Vor einer baurechtlichen Genehmigung des Umspannwerks ist daher die Rücknahme des Geltungsbereichs der Planfeststellung erforderlich, ein entsprechender Antrag wird derzeit seitens der Wirtschaftsbetriebe Coesfeld erarbeitet. Dies wird im Rahmen der Befreiung insofern berücksichtigt, dass eine Befreiung erst erteilt wird, wenn die Rücknahme des Geltungsbereichs der Planfeststellung erfolgt ist.

 

 

Die Befreiung soll mit folgenden Nebenbestimmungen erteilt werden:

·         Die Flächeninanspruchnahme für den Baubetrieb ist auf das geringstmögliche Maß zu reduzieren. Alle Arbeiten sind möglichst umwelt- und naturschonend durchzuführen.

·         Das Lagern von Baustoffen sowie das Abstellen von Baufahrzeugen ist ausschließlich außerhalb des Traufbereichs von Gehölzen und außerhalb des an den Vorhabenbereich angrenzenden Extensivgrünlands zulässig.

·         Nach Erhalt der Baugenehmigung kann mit der Erschließung des Vorhabenbereichs ab dem 20. August begonnen werden.

  • Eine Beseitigung der Gehölzbestände ist nur im Zeitraum zwischen dem 1. Oktober und 1. März des Folgejahres zulässig.
  • Während der Bauphase ist zwischen Vorhabenbereich und Gewässerkomplex in der Zeit vom 01. März bis 30. September ein Amphibienschutzzaun zu errichten.
  • Die im Landschaftspflegerischen Begleitplan (Rurale Umweltplanung, Nordwalde 20.04.2023) aufgeführten Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen sowie die Kompensationsmaßnahmen sind Bestandteil der Befreiung .

 

Anlagen:

 

1.    Übersichtskarte Vorhabengebiet

2.    Antrag Teilbeseitigung einer Wallhecke und Standortbegründung (nur verfügbar im Kreistags-Informations-System)

3.    Landschaftspflegerischer Begleitplan (nur verfügbar im Kreistags-Informations-System)