Betreff
Antrag auf anteilige Mitfinanzierung der Babylotsinnen in der Geburtsklinik am Clemenshospital Münster
Vorlage
SV-10-0961
Art
Sitzungsvorlage

Beschluss:

 

Der Antrag des Clemenshospitals Münster auf anteilige Kostenübernahme für das Projekt Babylotsinnen in der Geburtsklinik am Clemenshospital Münster vom 07.07.2023 in Höhe von 19.500 Euro wird abgelehnt.

I. Sachdarstellung

Lotsendienste in Geburtskliniken, sogenannte Babylotsen, nutzen den Zeitpunkt rund um die Geburt eines Kindes, um Familien zu erreichen, niedrigschwellige Informationen und Beratung anzubieten und bei Bedarf an weiterführende Unterstützungsangebote zu vermitteln. Die Geburtsklinik als Regelinstitution bietet einen unbelasteten Zugang zu Familien in schwierigen Lebenslagen. Ein Lotsendienst ermöglicht in einer Lebensphase, in der Eltern sehr offen für Unterstützungsangebote sind, einen niedrigschwelligen Zugang zum örtlichen Hilfesystem. Hierzu besucht eine Lotsin oder ein Lotse die Familien bereits kurz nach der Geburt in der Klinik und steht den Familien als Gesprächspartnerin oder -partner beratend zur Seite. Ferner werden Familien über den Lotsendienst zu weiteren Angeboten der Frühen Hilfen vermittelt und begleitet, sodass die Familien bereits ab Geburt bestmöglich informiert und unterstützt in Bezug auf die weiteren Versorgungs- und Entwicklungsschritte ihres Kindes sind. Durch die Etablierung von Lotsendiensten in Geburtskliniken wird eine Basis für das gelingende und gesunde Aufwachsen von Kindern ermöglicht und Chancengerechtigkeit frühzeitig hergestellt.

 

Der Kreis Coesfeld beteiligt sich seit 2020 anteilig an der Finanzierung des Angebotes „Guter Start – Frühe Hilfen für Familien“ des Bunten Kreises Münsterland e.V. Das Babylotsenprojekt in der Coesfelder Geburtsklinik wird als Clearing- und Koordinationsstelle gefördert. In den Christophorus-Kliniken in Coesfeld wurden im Jahr 2022 306 Kinder geboren, die im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes leben. 65 Familien wurden im vergangenen Jahr durch das Angebot „Guter Start“ beraten. Die Familien wohnen überwiegend im nördlichen Teil des Kreises (v.a. Rosendahl, Nottuln, Billerbeck). Familien aus dem Südkreis entscheiden sich häufig aufgrund der räumlichen Nähe für eine Geburtsklinik in Münster.

 

Das Clemenshospital in Münster verfügt seit dem Jahr 2022 ebenfalls über ein Babylotsenprojekt. Da die Finanzierung des Angebotes, die bislang weitgehend durch die Stadt Münster erfolgte, ab 2024 nicht mehr gesichert ist, stellt das Clemenshospital mit dem beigefügten Schreiben einen Antrag auf anteilige Weiterfinanzierung durch den Kreis Coesfeld. 25 Prozent der Familien, die im Clemenshospital entbinden, leben im Kreis Coesfeld. Im Jahr 2022 wurden 424 Kinder aus dem Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes (v.a. aus Ascheberg, Nottuln, Senden) im Clemenshospital in Münster geboren. Das Clemenshospital beantragt eine anteilige Mitfinanzierung des Kreises Coesfeld in Höhe von 25 Prozent der Gesamtkosten entsprechend der Geburtenzahl aus dem Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes.

 

Die Stadt Münster prüft aktuell eine weitere Förderung, entsprechend der Geburtenzahl (ca. 47 % der Geburten im Clemenshospital leben in Münster), welche dann entweder erneut über das Landesprogramm „kinderstark“ oder einen Etatantrag getragen werden soll. Eine Anschlussförderung wird angestrebt. Die Beteiligung weiterer Kommunen ist noch unklar. Seitens des Clemenshospitals wird versucht, Spenden für das Projekt einzuwerben. Unter Berücksichtigung der bislang zugesagten Spenden verbleibt ein ungedecktes Finanzierungsvolumen in Höhe von ca. 78.000 Euro. Der beantragte Zuschuss für das Jahr 2024 beläuft sich auf 19.500 Euro. Das Clemenshospital Münster ist Mitglied im Qualitätsverbund „Babylotsen e.V.“ der Stiftung „See You“ und orientiert sich bei der Finanzierung an den Vorgaben des Qualitätsverbundes, nach dem der Umfang des Lotsendienstes 0,6 VZÄ je 1.000 Geburten betragen soll.

 

Lotsendienste in Geburtskliniken können von den Kommunen über Mittel der Bundesstiftung Frühe Hilfen oder das Landesprogramm „kinderstark – NRW schafft Chancen“ gefördert werden. Der Kreis Coesfeld hat diese Mittel allerdings bereits für die Netzwerkkoordination im Bereich der Frühen Hilfen, des Netzwerkes Chancengerechtigkeit sowie das Angebot „Kompass“ des Bunten Kreises Münsterland e.V. eingeplant. Weitere Landes- oder Bundesfördermittel können für den Lotsendienst daher nicht beantragt werden. Lotsendienste an Geburtskliniken zählen zu den freiwilligen Leistungen. Zur Förderung des Lotsendienstes am Clemenshospital in Münster stehen dem Kreis Coesfeld daher keine Haushaltsmittel zur Verfügung.

 

Im Übrigen erscheinen die aus dem Antrag ersichtlichen Standards des Projektes am Clemenshospital relativ hoch. Die Personalkosten für die Lotsinnen im Clemenshospital sind aufgrund der höheren tariflichen Eingruppierung und der Anzahl der Personalstunden umfangreicher als die des im Jugendamtsbezirk bereits geförderten Projektes des Bunten Kreises. Zusätzlich sind die methodischen Standards höher. Die Lotsinnen im Clemenshospital ermitteln die Bedarfe der Familien mit Neugeborenen anhand eines Screening-Bogens, der bereits beim Geburtsplanungsgespräch durch das Klinikpersonal mit den Familien ausgefüllt wird, um Anhaltspunkte für Unterstützungsbedarf zu identifizieren. Die Anzahl der Familien, die während des geburtsbedingten Klinikaufenthalts durch die Babylotsinnen besucht werden ist dadurch im Vergleich zur Arbeitsweise des Bunten Kreises Münsterland hoch (vgl. Anhang des Etatantrags).

 

Wenngleich die Verwaltung das Angebot für sinnvoll erachtet, wird aufgrund der fehlenden Finanzierungsgrundlage und der angespannten Haushaltslage vorgeschlagen, den Antrag auf Mitfinanzierung des Clemenshospitals abzulehnen.

 

Hinsichtlich etwaiger Bedarfe von Familien mit Neugeborenen, bietet das Kreisjugendamt ein breites Spektrum früher Hilfen an. Familien im Kreis Coesfeld erhalten so frühzeitige primärpräventive Unterstützungsangebote, wie beispielsweise den Familienwegweiser, der Informationen rund um die Geburt und das erste Lebensjahr zu finanziellen Themen sowie Beratungsangeboten enthält. In den kreisangehörigen Kommunen gibt es Ehrenamtliche, die den Familien den Wegweiser auf Wunsch einige Wochen nach der Geburt in einem persönlichen Willkommensbesuch überreichen. Bei konkretem Unterstützungsbedarf begleiten eine Familienhebamme und zwei Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen aus dem Team der Frühen Hilfen Familien mit Kindern bis zum 3. Lebensjahr.

 

II. Entscheidungsalternativen

Dem Antrag auf Mitfinanzierung des Lotsendienstes des Clemenshospitals Münster in Höhe von 19.500 Euro jährlich wird entsprochen. 

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

Sofern die Alternative zum Tragen kommt, würden dem Kreisjugendamt Coesfeld durch die

Förderung des Lotsenangebots anteilige Kosten in Höhe von jährlich 19.500 Euro entstehen. Diese wurden bisher nicht im Haushalt veranschlagt.

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

Gemäß § 71 SGB VIII in Verbindung mit § 5 der Satzung für das Jugendamt des Kreises Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung grundsätzlich zuständig.

 

Aufgrund der Auswirkungen auf den Zuschuss des Produktbereiches 51 – Jugendamt und möglicherweise auf den Hebesatz der Kreisumlage-Mehrbelastung Jugendamt ist für die Entscheidung bei Bewilligung des Antrags durch den Jugendhilfeausschuss im Nachgang der Kreistag zuständig.

Anlagen:

 

Antrag des Clemenshospitals Münster auf anteilige Förderung der Babylotsinnen

Anhang zum Antrag des Clemenshospitals Münster