Betreff
Zuschuss zur Flexibilisierung der Betreuungszeiten nach § 48 Kinderbildungsgesetz
Vorlage
SV-10-1169
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.       Für die Kindergartenjahre 2024/25 und 2025/26 wird im Rahmen der Erprobung folgende Fördersystematik für bedarfsgerechte Maßnahmen zur Flexibilisierung der Betreuungszeiten nach § 48 KiBiz beschlossen:

 

a)       Förderung von Kindertageseinrichtungen, die 35 Std. flexibel anbieten und bei einem gebuchten Betreuungsumfang von 25 oder 35 Wochenstunden drei zusätzliche Wochenstunden für unregelmäßige Bedarfe anbieten mit einem Pauschalbetrag von 22.000 EUR pro Kindergartenjahr.

 

b)      Förderung ergänzender Kindertagespflege gem. § 23 Abs. 1 KiBiz NRW

c)       Für Einrichtungen, die im laufenden Kindergartenjahr 2023/24 eine Förderung zur Flexibilisierung der Betreuungszeiten nach § 48 KiBiz erhalten, gelten die bisherigen Fördergrundsätze (SV-10-0526) aufgrund des Vertrauensschutzes nur noch für 2024/25 fort.

I. Sachdarstellung

Seit dem Kindergartenjahr 2020/21 stellt das Land NRW Mittel für die Flexibilisierung der Betreuungszeiten (§ 48 KiBiz) zur Verfügung. Die Mittel dienen der finanziellen Förderung von kind- und bedarfsgerechten, familienunterstützenden Angeboten in der Kindertagesbetreuung.

Im aktuell laufenden Kindergartenjahr stellt das Land NRW dem Kreis Coesfeld Fördermittel in Höhe von 787.124 EUR zur Verfügung. Dieser Zuschuss ist gem. § 48 Abs. 3 KiBiz durch das Jugendamt um 25 Prozent (196.780,92 EUR) zu erhöhen, so dass in Summe maximal 983.905 EUR für die Förderung der Kindertageseinrichtungen zur Verfügung stehen.

 

In § 48 Abs. 1 KiBiz werden verschiedene Optionen aufgezeigt, für die eine Bezuschussung möglich ist. Diese Aufzählung ist nicht abschließend und dient als Orientierung. In der Vergangenheit wurden in Abstimmung mit allen Münsterlandkreisen folgende drei Kriterien als besonders förderungswürdig bewertet, da diese der Bedarfssituation der Familien entsprechen.

 

a.       Öffnungszeiten in Kindertageseinrichtungen, die über eine Öffnungszeit von wöchentlich 45 Stunden hinausgehen,

b.       Förderung geringerer Schließungstage der Tageseinrichtung. Jeder Tag, der unter 20 Schließungstage liegt, wird mit 1.500 € gefördert. Maximal können 19 Tage gefördert werden,

c.       ergänzende Kindertagespflege gemäß § 23 Abs. 1 KiBiz in Randzeiten.

 

In der Sitzung des Kreisjugendhilfeausschusses am 25.05.2023 wurde beschlossen (SV-10-0908), dass die bisherigen Förderkriterien (SV-10-0526) lediglich für die Einrichtungen, die im Kindergartenjahr 2022/23 eine Förderung zur Flexibilisierung der Betreuungszeiten nach § 48 KiBiz erhalten haben, fortgelten. Gleichzeitig wurde die Verwaltung beauftragt, neue Förderkriterien zu entwickeln.

 

Im aktuellen Kindergartenjahr 2023/24 werden insgesamt neun Maßnahmen zur Erweiterung der Öffnungszeiten und eine Maßnahme zur Verringerung der Schließtage mit insgesamt 84.060 EUR, davon 16.812 EUR Kreismittel gefördert.

 

Aus Sicht der Verwaltung ist es in der aktuellen Zeit des akuten Fachkräftemangels, in der viele Einrichtungen das Mindestangebot von 45 Betreuungsstunden kaum noch durchgehend aufrechterhalten können und das Jugendamt somit den gesetzlichen Rechtsanspruch teilweise nicht mehr erfüllen kann, nicht mehr angezeigt, Mittel für Betreuungs- und Öffnungszeiten zu verwenden, die über den gesetzlichen Rechtsanspruch hinausgehen. Die bisherigen Fördertatbestände führen zu erhöhtem Personalbedarf in den Einrichtungen und haben zur Folge, dass Notbetreuungssysteme frühzeitiger greifen müssen, da der notwendige Mindestpersonalbestand in den Einrichtungen nicht mehr vorgehalten werden kann.

 

Insofern werden durch die bisherige Fördersystematik Fehlanreize für die Träger von Kindertageseinrichtungen gesetzt.

Vielmehr sollten die Mittel eingesetzt werden können, um das Kernangebot der Einrichtungen zu sichern und Familien zur Verfügung stehen, die einen Betreuungsumfang von 35 Stunden oder weniger für ihr Kind gewählt haben. So wäre es denkbar, die Mittel für Einrichtungen einzusetzen, die es diesen Familien ermöglichen, bei unregelmäßig erhöhtem Bedarf die Kinder auch wenige Stunden länger betreuen lassen zu können.

 

Der Kreis Steinfurt hatte im Rahmen eines Maßnahmenpakets gegen den Fachkräftemangel die bisher bestehenden Förderkriterien zum Kindergartenjahr 2023/24 ein neues Förderkriterium eingeführt. Das wesentliche Ziel dabei war es, Anreize für Träger zu schaffen, damit möglichst viele Einrichtungen eine flexible Buchung von 35 Wochenstunden ermöglichen.

Da das Angebot, die 35-Stunden-Betreuung flexibel buchen zu können, nicht allein für eine Förderung nach § 48 KiBiz NRW ausreicht, hat der Kreis Steinfurt das Förderkriterium darum ergänzt, dass eine Förderung nur für Einrichtungen möglich ist, die den Eltern 35 Stunden flexibel anbieten und bei einem gebuchten Betreuungsumfang von 25 oder 35 Wochenstunden drei zusätzliche Wochenstunden für unregelmäßige Bedarfe anbieten.

 

Die drei zusätzlichen Stunden für unregelmäßige Bedarfe können Eltern einen zusätzlichen Anreiz für die Reduzierung der Betreuungsverträge bieten, da bei einem gebuchten Betreuungsumfang von 25 oder 35 Stunden eine zusätzliche Flexibilität ermöglicht wird.  

 

Flexibilität in diesem Sinne bedeutet, grundsätzlich alle Angebote von 35 Stunden, die in ihrer Flexibilität für die Eltern über 35 Stunden im Block (z.B. 5 Tage 7 bis 14 Uhr) hinausgehen und einem regelmäßig unterschiedlich langen Betreuungsbedarf an verschiedenen Wochentagen Rechnung tragen. Beispielsweise sind 35 Std. flexibel auf die Woche aufteilbar, zwei lange und drei kurze Tage sowie drei lange und zwei kurze Tage. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass die Eltern in einem Elternbrief über das veränderte Buchungsmodell (insbes. 3 Std. für unregelmäßige Bedarfe) informiert werden und die Möglichkeit haben, aufgrund des flexiblen Buchungsmodells ggfls. eine Anpassung ihrer Stundenbuchung vornehmen zu können. Die zusätzlichen drei Betreuungsstunden können nur im Rahmen der üblichen Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtung genommen werden, also in der Regel zusätzlich an den eigentlich „kurzen“ Tagen, so dass kein erweitertes Öffnungsangebot der Kindertageseinrichtung erforderlich wird.

Der unregelmäßige Mehrbedarf an Betreuung soll durch die Eltern in der Regel spätestens zu Wochenbeginn mitgeteilt werden.

 

Im Kreis Steinfurt wird dieses Fördermodell seit dem 01.08.2023 erprobt und aktuell von rund 30 % der Kindertageseinrichtungen genutzt. Die Rückmeldungen der Träger sind dort sehr positiv. Anfängliche Bedenken, Eltern würden die Möglichkeit der zusätzlichen 3-Std.-Buchung für unregelmäßige Bedarfe inflationär nutzen, hat sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Eltern setzen dies sehr verantwortungsbewusst ein.

 

Dies führt im Ergebnis dazu, dass die Kindertageseinrichtungen ihren Personaleinsatz hierfür nicht besonders planen müssen, da die situativ am Nachmittag hinzukommenden Kinder „so mitlaufen“. Befürchtungen von Trägern, alle Eltern würden ihr Kind dann jede Woche 38 Stunden bringen wollen, haben sich im Kreis Steinfurt nicht bestätigt. Der einzige Wunsch der Träger war, das Modell finanziell noch stärker zu fördern. Aktuell beträgt die Fördersumme je Kita im Kindergartenjahr 20.000 EUR. Für das nächste Kindergartenjahr beabsichtigt der Kreis Steinfurt die Förderung um 10 % auf dann 22.000 EUR zu erhöhen (in Anlehnung an die Kindpauschalensteigerung von fast 10 %).

 

Ob und welchen Anteil dieses Förderkriterium am Rückgang der 45-Stunden-Buchungen hat, kann aufgrund dessen, dass der Kreis Steinfurt gleichzeitig einen Erklärungsbogen für 45-Stunden-Buchungen eingeführt hat, nicht beurteilt werden. Nach bisherigem Stand meldete der Kreis Steinfurt einen Rückgang der 45-Std.-Buchungen von insgesamt 4 bis 5 Prozentpunkte.

Darüber hinaus hatte der Kreis Steinfurt auch ein Anreizsystem zur Reduzierung der 45-Stunden-Buchungen eingeführt (vgl. Anlagen zum Protokoll zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 25.05.2023). Dieses wurde im Kreis Steinfurt jedoch nur durch einen Träger genutzt, der in mehreren Kindertageseinrichtungen Probleme mit der Einhaltung der Mindestpersonalbesetzung hatte. Der Kreis Steinfurt wird dieses Anreizsystem ab dem Kindergartenjahr 2024/25 daher nicht mehr weiterführen.

 

Die Münsterlandkreise befürworten die Förderung von Einrichtungen mit einem flexiblen Angebot im 35-Std.-Betreuungsmodell und halten eine entsprechende Förderung insbesondere vor dem Hintergrund der finanziellen und personellen Herausforderungen der Einrichtungen für sinnvoll. Es wurde vereinbart, gemeinsam mit den Trägern im jeweiligen Zuständigkeitsbereich eine ähnliche Anpassung der Förderkriterien zu prüfen.

 

Das Fördermodell des Kreises Steinfurt wurde am 19.02.2024 in der Arbeitsgemeinschaft nach § 78 SGB VIII des Kreisjugendamtes Coesfeld thematisiert mit dem Ergebnis, dass mangels alternativer Vorschläge das Förderkriterium für die nächsten zwei Kindergartenjahre auch im Kreisjugendamtsbezirk erprobt werden sollte.

 

Für das Kindergartenjahr 2024/25 ist mit Blick auf noch verbleibende Zeit bis zum Start des Kindergartenjahres mit wenig Auswirkungen zu rechnen, so dass eine Nutzung eher für das Kindergartenjahr 2025/26 zu erwarten ist. 

 

II. Entscheidungsalternativen

zu 1 a: Das Förderkriterium 35 Wochenstunden flexibel zzgl. 3 Wochenstunden unregelmäßige Bedarfe für 25 und 35 Std. werden nicht eingeführt.

 

zu 1 c: Für die bisher geförderten Einrichtungen gilt kein Bestandsschutz. Eine Förderung erfolgt auch für diese Einrichtungen nur nach dem Förderkriterium 35 Wochenstunden flexibel zzgl. 3 Wochenstunden unregelmäßige Bedarfe für 25 und 35 Std.

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

Für das Kindergartenjahr 2024/25 stehen Landesmittel in Höhe von 863.081,12    EUR für die Förderung flexibler Betreuungsangebote nach § 48 KiBiz zur Verfügung. Voraussetzung ist, dass die Mittel durch einen Eigenanteil des Jugendamtes in Höhe von 25 % also 215.770,28 EUR, aufgestockt werden. Die anteiligen Mittel für 2024 wurden im Rahmen der Haushaltsplanungen für das Jahr 2024 entsprechend eingeplant.

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

Nach § 71 Abs. 2 SGB VIII in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Ziffer 2 der Satzung für das Jugendamt des Kreises Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung zuständig.