Beschlussvorschlag der
Antragsteller:
Der Kreistag des Kreises
Coesfeld möge folgenden Beschluss fassen:
„Die Altfallregelung für
geduldete Flüchtlinge muss über den 31.12.2009 hinaus verlängert werden!
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Der Kreistag des
Kreises Coesfeld spricht sich gemeinsam mit den beiden großen Kirchen und deren
Wohlfahrtsverbänden Diakonie und Caritas und gemeinsam mit der Bundeskonferenz
der Integrations- und Ausländerbeauftragten für eine Verlängerung der Frist für
die gesetzliche Altfallregelung nach § 104a und b Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
aus.
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Die Anforderungen
an die Lebensunterhaltssicherung müssen so korrigiert werden, dass sie der
wirtschaftlichen Gesamtsituation Rechnung tragen. Für ältere, kranke bzw.
erwerbsunfähige Personen müssen darüber hinaus humanitäre Aspekte
berücksichtigt und kurzfristige Lösungen gefunden werden.
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Der Kreistag des
Kreises Coesfeld appelliert an die
Landes- und Bundesregierung sowie an alle politisch Verantwortlichen im
Bundestag und im Landtag NRW sich für eine qualifizierte Verlängerung der
gesetzlichen Altfallregelung einzusetzen.“
Begründung:
I. Problem
Gem. § 21 Kreisordnung NRW (KrO NRW) hat jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden. Die Zuständigkeiten des Kreisausschusses, der Ausschüsse und des Landrats werden hierdurch nicht berührt. Der Antragsteller ist über die Stellungnahme zu den Anregungen und Beschwerden zu unterrichten.
Ein Anspruch auf mündliche Anhörung der Antragsteller vor dem Kreistag oder einem Ausschuss besteht nicht.
Mit Datum vom 08.07.2009 wurde eine Anregung gem. § 21 KrO NRW an den Kreistag des Kreises Coesfeld gerichtet (siehe Anlage 1), eine Resolution zur Verlängerung der bundesgesetzlichen Altfallregelung für geduldete Flüchtlinge zu verabschieden. Darüber hinaus wurde der Landrat mit Schreiben vom 01.09.2009 von einem Mitglied der Flüchtlingsinitiative Coesfeld gebeten, über die Landtage und den Bundesrat Einfluss zu nehmen, so dass es so bald wie möglich zu einer veränderten Gesetzeslage zu Gunsten der Flüchtlinge kommt (siehe Anlage 2).
II. Lösung
Der Kreis nimmt die Aufgaben auf dem Gebiete des Ausländerrechts als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr. Die Anregung, für langjährig hier lebende und bislang nur geduldete Menschen eine Nachfolgeregelung zur jetzigen zum 31.12.2009 auslaufenden Bleiberechtsregelung nach §§ 104 a und 104 b Aufenthaltsgesetz zu erlassen, betrifft eine bundesgesetzliche Angelegenheit, die von Bundestag und Bundesrat zu entscheiden ist.
Gem. § 19 Abs. 4 der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld vom 13.10.2004 ist für die Erledigung von Anregungen und Beschwerden der Kreisausschuss zuständig, es sei denn, sie betreffen Angelegenheit, für die gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW ausschließlich der Kreistag oder für die nach den Bestimmungen der KrO oder der Hauptsatzung der Landrat zuständig ist.
Bei dem vorliegenden Beschlussvorschlag zur Abgabe einer Resolution wird aufgrund der Bedeutung einer solchen Entscheidung die Zuständigkeit des Kreistages gesehen.
Mit der im Sommer 2007 in Kraft getretenen gesetzlichen Altfallregelung (§§ 104 a, 104 b Aufenthaltsgesetz) sollte die Problematik der sog. „Kettenduldungen“ abgeschafft werden und langjährig – (seit acht Jahren bzw. als Familie seit sechs Jahren) - im Bundesgebiet lebenden Ausländerinnen und Ausländern die Möglichkeit für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gegeben werden. Die hiernach zu erteilenden Aufenthaltserlaubnisse „auf Probe“ sind zum 31.12.2009 befristet. Sie können um weitere 2 Jahre verlängert werden, wenn die Betroffenen ihren Lebensunterhalt bis dahin überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichern konnten oder wenn sie mindestens seit dem 1. April 2009 ihren Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichern konnten.
In Folge dieser gesetzlichen Altfallregelung wurden im
Kreis Coesfeld bis Ende August 2009 insgesamt 813 Anträge auf Erteilung der
Aufenthaltserlaubnis gestellt. In 516 Fällen konnten Aufenthaltserlaubnisse
nach der Altfallregelung erteilt werden. 140 Anträge mussten abgelehnt werden,
weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlagen (z.B. wegen relevanter
Straftaten, fehlender Aufenthaltsdauer, Verletzung erheblicher
Mitwirkungsverpflichtungen). Rund 80 Anträge werden derzeit noch abschließend
geprüft. Der Ausgang dieser Verfahren ist noch offen. Etwa 80 Verfahren haben
sich anderweitig erledigt (z.B. Umzug in anderen Zuständigkeitsbereich,
Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, Rücknahme des Antrags).
72 von den oben genannten
516 Personen erhielten die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 des
Aufenthaltsgesetzes, weil zum Entscheidungszeitpunkt der Lebensunterhalt
sichergestellt war. Sofern dies zum 31.12.2009 weiterhin der Fall ist, würde
eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis um zwei weitere Jahre erfolgen. Ein
Großteil der Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach
der bundesrechtlichen Altfallregelung erhalten haben, ist bis heute aber nicht
in der Lage, den Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen
sicherzustellen. Einige Familien befinden sich nach Angaben der Gemeinden nach
wie vor in vollständigem Leistungsbezug. Ursächlich hierfür sind neben der
derzeitigen Wirtschaftkrise strukturelle Barrieren, in vielen Fällen fehlende
berufliche Qualifikationen, fehlende Schulabschlüsse und auch die Größe des
Familienverbandes. Für eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sind
gesetzliche Ausnahmen vorgesehen, die zumindest bei lediglich ergänzendem
Leistungsbezug für einige Personen zum Tragen kommen werden. Diejenigen Ausländer,
die eine Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis nicht erreichen können, fallen
nach derzeitiger Rechtslage zum 01.01.2010 zurück in den Status der Duldung und
wären letztlich bei Vorliegen aller Voraussetzungen in ihre Heimat
zurückzuführen.
Über die grundsätzliche
Problematik und die Entwicklung im Zusammenhang mit der Altfallregelung ist in
den Gremien des Kreistages wiederholt berichtet worden. Die Situation im Kreis
Coesfeld unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der Situation in anderen
Städten und Kreisen.
Wegen der – zumal in die
gegenwärtige weltweite Wirtschaftskrise fallenden - Konsequenzen des Auslaufens
der bisherigen Altfallregelung zum 31.12.2009 für die betroffenen Menschen, die
nicht von dem Bleiberecht dauerhaft profitieren können, sind in den vergangenen
Wochen und Monaten bundesweit in vielen Städten, Gemeinden und Kreisen mit der
hier eingebrachten Resolution im Wesentlichen vergleichbare Resolutionen zur
Verlängerung bzw. Verbesserung der auslaufenden Altfallregelung beantragt bzw.
bereits verabschiedet worden (z.B. im Stadtrat Beckum, im Stadtrat Münster, im
Kreistag Steinfurt; Übersicht z.B. bei www.aktion-bleiberecht.de; www.fluechtlingsrat.nrw.de; s.
auch Anträge im Landtag NRW LT-Drs. 14/9072 und 14/9490).
III. Alternativen
Alternativen werden nicht
vorgeschlagen. Die Verabschiedung einer Resolution wird seitens der Verwaltung
unterstützt.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Durch den Beschluss über die Resolution entstehen dem Kreis Coesfeld unmittelbar keine Kosten.
Zu bedenken ist, dass
Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung erhalten haben
und den Lebensunterhalt nicht sicherstellen können, Anspruch auf Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch II bzw. SGB XII haben. Die Kosten trägt der Bund mit
Ausnahme des Anteils für die Kosten der Unterkunft, die der Kreis Coesfeld zu
tragen hätte. Diese können aber nicht präzise beziffert werden.
Sofern die Personen in den
Duldungsstatus zurückfallen, sind sie in konsequenter Anwendung des
Aufenthaltsgesetzes abzuschieben, sofern eine freiwillige Ausreise nicht
erfolgt und alle weiteren Voraussetzungen vorliegen. Die in dem Duldungsstatus
ggf. zu gewährenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben die
Gemeinden zu tragen.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des Kreistages ergibt sich aus § 26 Abs. 1
KrO NRW.