Betreff
Verlängerung der Laufzeit der zwischen dem Kreis Coesfeld und dem Caritasverband für den Kreis Coesfeld e.V. bestehenden Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung zum Betrieb einer Kontakt- und Beratungsstelle für Menschen mit psychischen Beei nträchtigungen
Vorlage
SV-8-0336
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Laufzeit der zwischen dem Kreiscaritasverband und dem Kreis Coesfeld bestehenden Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung zum Betrieb der Kontakt- und Beratungsstelle für Menschen mit psychischen Erkrankungen soll bis zunächst Ende 2015 verlängert werden. Es werden pro Jahr ein Zuschuss von 95.535 € und bis zu 10.000 € für Honorarkräfte gewährt.

 

Begründung:

 

I.   Problem

 

Der Kreiscaritasverband hat 1995 in Dülmen nach Abstimmung mit dem Kreis Coesfeld eine Kontakt- und Beratungsstelle (KuB) für Menschen mit psychischen Erkrankungen eingerichtet. Der Kreis Coesfeld hat seither als freiwillige Leistung gemäß einer dem Träger vor Inbetriebnahme gegebenen Zusage den überwiegenden Teil der Kosten getragen.

 

Seit dem 01.01.2004 wird die mit 1,5 Fachkräften besetzte KuB vom Kreis Coesfeld  auf der Grundlage einer  Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung (siehe Anlage 1) mit jährlich 95.535 € gefördert  bzw. in 2011 mit 98.529 €. Honorarkräfte werden zusätzlich mit bis zu 10.000 € jährlich gefördert (Beschlüsse des Kreistages vom 15.10.2003 und 18.06.2008). Die Vereinbarung verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn Sie nicht bis zum 30.06. eines Jahres gekündigt wird. Da der Kreistag die Förderung zunächst bis Ende 2011 begrenzt hat, müsste die Vereinbarung bis zur Jahresmitte 2011 gekündigt werden, wenn nicht zuvor ein neuer Beschluss gefasst wird.

 

Aufgaben und Leistungsumfang der KuB:

 

Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen haben häufig Probleme, soziale Kontakte aufzunehmen und zu pflegen. Die Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben wird dadurch eingeschränkt. Die über soziale Kontakte vermittelte Orientierung geht verloren, das Selbstwertgefühl leidet. Krankheitsverläufe werden negativ beeinflusst und der Behandlungs- und Rehabilitationsbedarf nimmt zu.

 

Ziel der KuB ist es, die soziale, psychosoziale und kommunikative Kompetenz psychisch kranker Menschen zu fördern und damit dazu beizutragen,

-          Voraussetzungen für eine Behandlung, Rehabilitation und die Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben zu schaffen,

-          stationäre Aufenthalte zu verkürzen oder zu verhindern,

-          krankheitsbedingte Isolation abzubauen oder zu verhindern und

-          Angehörige zu entlasten und dem sozialen Umfeld zu mehr Stabilität zu verhelfen.

 

Zur Erreichung dieser Ziele nimmt die KuB folgende Aufgaben wahr:

-          Hilfen zur Gestaltung und Pflege sozialer Beziehungen, z.B. offene Frühstücksangebote, Patientenclubarbeit, gesellige Gesprächsrunden, Spielgruppen, kulturelle oder sportliche Aktivitäten, ein- oder mehrtägige Urlaubsfahrten,

-          Durchführung themenzentrierter Gruppen, Auseinandersetzung mit selbstgewählten Themen,

-          Alltags- und lebenspraktische Anleitungen, z.B. zum Kochen, zur Haushaltsführung,

-          Beschäftigungsmöglichkeiten und Angebote zur Förderung der Kreativität,

-          Beratung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen, sowie deren Angehörigen und Bezugspersonen aus dem sozialen Umfeld,

-          Weiterleitung und Vermittlung Hilfesuchender zu anderen Hilfeangeboten,

-          Begleitung und Anleitung von Laienhelfern.

 

Das Angebot der KuB ist schwerpunktmäßig auf erwachsene Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen ausgerichtet, nicht aber auf Menschen mit gerontopsychiatrischen Beeinträchtigungen und Suchtkranke.

 

KuB´s sind niedrigschwellig angelegt: keine Voranmeldung erforderlich, offene Angebotszeiten, keine oder nur geringe Teilnahmegebühren, Möglichkeit anonymer Teilnahme, niedrige Erwartungshaltung und Anforderungen an Besucher. Sie sind deshalb besonders geeignet, psychisch kranken Menschen einen Weg ins Hilfesystem und damit zu verbesserter psychischer Gesundheit zu bieten.

 

Besetzung der KuB: (Stand Dez. 2010)

0,5 Stelle: Diplom-Sozialpädagogin AVR* 4a

0,5 Stelle: Diplom-Pädagogin, AVR 4 b

0,5 Stelle: Staatlich anerkannte Heilpädagogin, AVR 5 c

* Tarifsystem des Deutschen Caritasverbandes, angelehnt an BAT bzw. TVöD, wobei die benannten Tarife ab 01.01.2011 in ein neues AVR-Tarifsystem überführt werden, zu denen der Träger aber noch keine genauen Angaben machen konnte

 

Der zusätzliche Einsatz von Honorarkräften erleichtert es, in möglichst vielen Städten und Gemeinden im Kreis Coesfeld Angebote der KuB vorzuhalten.

 

Versorgungsstandard:

In den letzten 25 Jahren wurden bundesweit Bettenkapazitäten in psychiatrischen Kliniken abgebaut und gemeindenah ambulante Hilfen aus- und umgebaut. Die Reformaktivitäten waren bestimmendes Leitmotiv für den 1995 vom Kreistag verabschiedeten Psychiatrieplan. Institutionen wie die Kontakt- und Beratungsstelle ersetzen alte Angebotsstrukturen und sind heute weit verbreiteter Versorgungsstandard.

 

Inanspruchnahmedaten:

Die KuB deckt im Kreisgebiet 14 von 17 der offenen Freizeitangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen ab. Solche Angebote werden in sechs der elf kreisangehörigen Städte und Gemeinden vorgehalten.

Die KuB hat stetig an Zulauf gewonnen und die Inanspruchnahme hat sich in den letzten Jahren auf hohem Niveau stabilisiert (siehe Anlage 2). In 2009 nutzten 221 Klienten ihre Angebote. Insgesamt 5.155 Besuche wurden in den Gruppenangeboten gezählt.

Seit 2009 werden nach Absprache mit dem Kreis von den Mitarbeitern der KuB mehr Kennzahlen erhoben als zuvor. Anhand der Daten ist nachvollziehbar, dass der Auftrag der KuB vereinbarungsgemäß erfüllt wird (siehe Anlage 3).  

 

KuB Förderbedingung für Tagesstätte:

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) finanziert die in Dülmen bestehende Tagesstätte für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Laut Tagesstättenrichtlinien des LWL wird ein Träger nur dann gefördert, wenn er mit der Tagesstätte am Ort eine vom örtlichen Sozialhilfeträger geförderte KuB betreibt oder mit einer solchen kooperiert.

Durch die räumliche Nähe zur KuB besteht eine günstige Gelegenheit, Tagesstättenbesuche anzubahnen. Ebenso kann Tagesstättenbesuchern nach dem Ende der Maßnahme eine Unterstützung in der vertrauten Umgebung der KuB angeboten werden.

 

KuB stärkt Selbsthilfe:

Im Kreis Coesfeld gibt es zurzeit lediglich eine etablierte Selbsthilfegruppe für Menschen mit psychischen Erkrankungen (in Havixbeck). Mit Unterstützung der KuB starteten jüngst zwei neue Selbsthilfeinitiativen für diesen Personenkreis (in Dülmen).

 

Flexibel und innovativ

Die KuB reagiert flexibel auf die Bedürfnisse der Betroffenen. In den letzten Jahren wurden z.B. verstärkt Angebote an Wochenenden eingerichtet (Coesfeld, Dülmen, Lüdinghausen). Angebote mit geringer Resonanz werden nach angemessener Laufzeit wieder eingestellt, neue Angebote versucht. Für ältere psychisch erkrankte Menschen, die nicht unter einer Demenz leiden, sondern z.B. unter einer depressiven Erkrankung, wurde in 2009 von der KuB ein erstes offenes Freizeitangebot im Kreis Coesfeld geschaffen. Unlängst wurde ein Angebot für junge psychisch kranke Erwachsene gestartet.

 

Einbeziehung ehrenamtlicher Helfer

In der KuB nehmen ehrenamtliche Helfer wichtige Aufgaben war. Neben dem praktischen Nutzen hat der unentgeltliche Einsatz von Bürgerinnen und Bürgern für Menschen mit psychischen Erkrankungen eine hohe ideelle Bedeutung und ist beispielgebend für Entstigmatisierung und den Anspruch einer gemeindenahen Versorgung der Hilfesuchenden. Bedingung für dieses Bürgerengagement ist die Begleitung und Unterstützung durch die ausgebildeten Fachkräfte der KuB.

 

Gesamtsituation: steigende Zahl Hilfesuchender

Die Zahl der Menschen im Kreis Coesfeld, die wegen einer psychischen Erkrankung Hilfe suchen, steigt seit Jahren kontinuierlich stark an. Dies gilt u.a. für die Behandlung in psychiatrischen Krankenhäusern, den Einsatz des Sozialpsychiatrischen Dienstes, Maßnahmen der Eingliederungshilfe und die ambulante psychiatrische Pflege. Die Zahl der zwangsweisen Unterbringungen nach dem PsychKG hat 2009 im Vergleich der letzten Jahre mit 133 einen Höchststand erreicht, gleiches gilt für Suizide (24).  (Weitere Daten in Anlage 4)

 

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die KuB wichtigster Anbieter für kontaktstiftende Angebote für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen im Kreis Coesfeld ist. Die Angebote finden eine kontinuierlich gute Resonanz. Der Aufwand erscheint angemessen. Die in der zwischen Kreis und Caritasverband abgeschlossenen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung festgelegten Inhalte und Ziele wurden bisher fachgerecht und mit guten Ergebnissen verfolgt.

 

 

II.  Lösung

 

Die Laufzeit der zwischen dem Kreiscaritasverband und dem Kreis Coesfeld bestehenden Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung zum Betrieb der Kontakt- und Beratungsstelle für psychisch kranke Menschen wird auf dem Förderniveau der Jahre 2004 - 2010 bis zunächst Ende 2015 verlängert.

 

 

III. Alternativen

 

Eine Einschränkung der Angebote wäre nicht bedarfsgerecht. KuB´s gehören wie beschrieben zur Grundausstattung der vernetzt angelegten gemeindenahen psychiatrischen Versorgung.

 

 


IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Der Förderbetrag des Kreises wird als Pauschale gewährt. Grundlage für die Berechnung ist ein Gutachten der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) aus 2002:

 

a) Personalkosten: 1,5 Stellen BAT IV b Dipl.-Sozialarbeiter/in o. vergleichbare Qualifikation

74.850 €

b) zuzüglich 10 % Verwaltungsgemeinkosten

7.485 €

d) zuzüglich Sachkostenpauschale (inklusive EDV-Einsatz)

13.200 €

= Förderbetrag

95.535 €

 

Wenngleich davon ausgegangenen wird, dass der Caritasverband in bedeutsamer Höhe einen Beitrag zur Finanzierung der KuB leistet, wurde auf eine Festsetzung eines vom Verband zu tragenden Eigenanteils in der mit dem Kreis abgeschlossenen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung ausdrücklich verzichtet. Dafür trägt der Verband das alleinige Risiko von Kostensteigerungen und hat im Vergleich zur Regelung vor dem Abschluss der Vereinbarung in 2004 einem aus seiner Perspektive ungünstigeren Förderverfahren zugestimmt. Dazu zählen:

-          Nichtberücksichtigung einer 0,25 Verwaltungskraft in der Kostenrechnung (die im alten Vertrag vor 2004 Berücksichtigung fand)

-          Verringerung der berücksichtigten Sach- und Verwaltungsgemeinkosten von  26.587, 18 € (Festbetrag alter Vertrag) auf  20.685 €

-          keine Berücksichtigung von Personalkosten über BAT/AVR 4b hinaus (nach altem Vertrag bis 4a).

Bislang hat der Caritasverband im Vereinbarungszeitraum nach eigenen Angaben in jedem Jahr in beträchtlicher Höhe Eigenmittel einsetzen müssen:

 

2004

5.396,22 €

2005

9.379,06 €

2006

4.735,37 €

2007

12.466,34 €

2008

15.363,43 €

2009

17.336,34 €

 

Für 2011 hat der Kreistag bereits in 2008 eine Erhöhung des Personalkostenanteils um 4 % beschlossen. Die Grundförderung erhöht sich damit für das laufende Jahr auf 98.529 €. In den mit Blick auf eine Verlängerung der Kreisförderung ab 2012 geführten Verhandlungen hat der Caritasverband zugestimmt, die Grundförderung wieder auf 95.535 € abzusenken, zuzüglich bis zu 10.000 € für Honorarkräfte.  Einvernehmlich wird eine Laufzeit bis zunächst Ende 2015 anvisiert. Außerdem besteht Einvernehmen, dass für den Fall, dass die Bruttopersonalkosten z.B. aufgrund neuer Tarife sinken, Fördermittel an den Kreis Coesfeld zurückzuzahlen sind. Maßstab soll das Jahr 2009 sein. Sinken die Lohnkosten, ist der Differenzbetrag zwischen den in den Jahren 2012 bis 2015 jeweils tatsächlich aufgewandten Bruttopersonalkosten für die 1,5 Fachkräfte der KuB und den Bruttopersonalkosten für 2009 in Höhe von 95 von 112 Teilen an den Kreis zurückzuzahlen. Das entspricht dem Verhältnis zwischen der Kreisförderung und den vom Caritasverband in 2009 eingesetzten Eigenmitteln: 95.535 €/17.336,34 €. Die Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung ist wie dargelegt zu ergänzen.

 

Unter der Voraussetzung, dass die tatsächlichen Kosten im angemessenen Verhältnis zur Kreisförderung stehen und Personal mit den vereinbarungsgemäßen Qualifikationen eingesetzt wird, wird kreisseitig toleriert, dass in der KuB auch Personal mit geringerer Vergütung als AVR 4b zum Einsatz kommt. Dadurch kann ein kostendämpfender Effekt erzielt und können Einstiegstarife mit Aufstiegschancen möglich werden. Zudem kann der Caritasverband flexibler bei der Personalauswahl vorgehen. Von Belang ist, dass in der Berechnung des Förderbetrages wie erwähnt nur Kräfte bis BAT/AVR 4b Berücksichtigung finden, obwohl auch höher eingruppierte Kräfte beschäftigt  werden.

 

 

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Für die Entscheidung über die Gewährung von Kreiszuschüssen ist der Kreistag zuständig (§ 26 Abs. 1 KrO NW).

 

 

Anlagen:

 

  1. Leistungs-, Vergütungs-, und Prüfungsvereinbarung: Einrichtung mit Kontaktstellenfunktion für Menschen mit psychischen Erkrankungen und psychischen Behinderungen im Kreis Coesfeld
  2. Inanspruchnahmedaten der Kontakt- und Beratungsstelle
  3. Jahresbericht 2009 der Kontakt- und Beratungsstelle
  4. Auszug aus der Datensammlung: Hilfen für psychisch kranke Menschen, psychisch behinderte Menschen, Menschen in Lebenskrisen im Kreis Coesfeld - Entwicklungen im Jahre 2009, ausgewählte Daten • Kreis Coesfeld, Gesundheitsamt: Trends 2009