Betreff
Anregung nach § 21 KrO NRW über die Verlegung des Radweges L550/L834 an die Straße/Aufhebung der Umbaumaßnahme
Vorlage
SV-9-0809
Aktenzeichen
01-10.23.03-2017
Art
Sitzungsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag des Anregenden:

 

Vorschläge zur Verbesserung:

a)    Allgemeingültigkeit der Vorfahrtsregel und Fahrradwegverlauf wiederherstellen

b)    Maximale Geschwindigkeit für Auto reduzieren (Warum darf ein Autofahrer vor einer Kreuzung die Geschwindigkeit noch erhöhen!)

c)    Sichtbare Markierungen des Radweges

d)    Schwelle links und rechts des Radweges

e)    Warnblinker, Hinweisschilder, Spiegel für die Autofahrer, evtl. durch Induktionsschleifen gesteuert, wie vielfach in Holland verwendet

f)     Ampelanlage

g)    Aufstellen eines Ghost-Bikes

 

 

Beschlussvorschlag der Verwaltung:

 

Die Anregung wird ohne Empfehlung an den Landrat als zuständiges Organ weitergeleitet.

 

Begründung:

 

I.   Problem

Gem. § 21 Kreisordnung NRW (KrO NRW) hat jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden. Die Zuständigkeiten des Kreisausschusses, der Ausschüsse und des Landrats werden hierdurch nicht berührt. Der Antragsteller ist über die Stellungnahme zu den Anregungen und Beschwerden zu unterrichten.

 

Ein Anspruch auf mündliche Anhörung der Antragsteller vor dem Kreistag oder einem Ausschuss besteht nicht.

 

Mit Datum vom 17.03.2017 wurde die beigefügte Anregung an den Kreistag des Kreises Coesfeld gerichtet.

 

II.  Lösung

Die Anregung betrifft den Kreis Coesfeld als Straßenverkehrsbehörde.

 

Gem. § 18 Abs. 4 der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld vom 29.03.2017 ist für die Erledigung von Anregungen und Beschwerden der Kreisausschuss zuständig, es sei denn, sie betreffen Angelegenheit, für die gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW ausschließlich der Kreistag oder für die nach den Bestimmungen der KrO oder der Hauptsatzung der Landrat zuständig ist. Ist der Kreisausschuss nicht zuständig, überweist er die Anregung oder Beschwerde zur Erledigung an die zur Entscheidung berechtigte Stelle. Bei der Überweisung kann er Empfehlungen aussprechen, an die die zur Entscheidung berechtigte Stellte nicht gebunden ist.

 

Bei den mit der Anregung geforderten straßenverkehrlichen Maßnahmen handelt es sich um Geschäfte der sogenannten „laufenden Verwaltung“, für die der Landrat ausschließlich zuständig ist.

Insoweit ist der Kreisausschuss für eine abschließende Entscheidung nicht zuständig. Er kann jedoch Empfehlungen aussprechen.

 

 

Stellungnahme zu den Vorschlägen

 

Die Anregung bezieht sich auf bauliche Änderungen hinsichtlich der Radwegeführung im Einmündungsbereich der L550/L834 in Havixbeck (am Stift Tilbeck).

 

Sachverhalt:

Nach Mitteilung der Kreispolizeibehörde Coesfeld wurde der Knotenpunkt im vergangenen Jahr in einer sogenannten 3-Jahres-Betrachtung als Unfallhäufungsstelle identifiziert. Betrachtungszeitraum waren hierbei die Jahre 2013 bis 2015. In dieser Zeit ereigneten sich insgesamt 8 Verkehrsunfälle, wobei in den Jahren 2014 und 2015 in fünf Fällen Radfahrer, bzw. auch Pedelecfahrer beteiligt waren, die zum Teil in der Folge schwer verletzt waren, in einem Fall sogar tödlich.

 

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass dieser Knotenpunkt bereits im Jahr 2008 als Unfallhäufungsstelle identifiziert war. Auch damals gab es in der Betrachtung der Jahre 2006 bis 2008 bereits 6 Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Radfahrern, zum Teil mit Schwerverletzten.

 

Seinerzeit waren nach einem Beschluss der überörtlichen Unfallkommission folgende Maßnahmen vor Ort umgesetzt worden:

 

-       Roteinfärbung der Radfahrerfurt

-       Aufbringung von Rad-Piktogrammen auf der Radfahrerfurt

-       Anordnung von STOP-Zeichen (Zeichen 206) mit einer Haltlinie für den untergeordneten Fahrzeugverkehr; zusätzlich das Zusatzzeichen 1000-32 („Radfahrer kreuzen von links und rechts“)

 

Nach der erneuten Identifizierung der Unfallhäufungsstelle hat die überörtliche Unfallkommission, bestehend aus Vertretern der Kreispolizeibehörde Coesfeld, dem Landesbetrieb Straßenbau NRW als Straßenbaulastträger sowie der Straßenverkehrsbehörde des Kreises Coesfeld, in ihrer Sitzung am 19.04.2016 einvernehmlich den nachfolgend zitierten Beschluss gefasst:

 

„Es wurde vor Ort beraten, dass unter Berücksichtigung der Unfallereignisse eine Verbesserung der Situation somit nur durch bauliche Veränderungen mit einer Änderung der Vorfahrtregelungen für den Radfahrer möglich ist.

 

Im Ergebnis der Beratung wurde dann einvernehmlich beschlossen, dass die Bevorrechtigung der Radfahrer entlang der L843 aufgehoben wird. Dementsprechend ist die vorhandene Furt mit der Roteinfärbung und den Markierungen im Einmündungsbereich  vollständig zu beseitigen. Es ist eine neue Querungsstelle der Radfahrer zu schaffen, die erheblich (mehr als ca. 5 Meter) vom Einmündungsbereich abgesetzt wird (vgl. Ziff. II. der VwV-StVO zu § 9 Abs. 2). Das setzt auch bauliche Veränderungen voraus. Auf der westlichen Seite der L550 ist der Radweg entsprechend neu anzulegen. Die Anbindungen des Radweges an die bisherige Furt müssen beseitigt werden. Ebenso ist die Mittelinsel neu zu gestalten mit einer entsprechend erheblich von der Vorfahrtstraße L843 abgesetzten Querungsstelle für die Radfahrer. Auf der östlichen Seite der L550 ist im Bereich der neuen Querungsstelle eine Verbindung zu dem dort vorhandenen Radweg zu schaffen.

 

Die Radfahrer werden an der neuen Querungsstelle in beiden Fahrtrichtungen durch VZ 205, jeweils in kleiner Form, in der Vorfahrt dem Verkehr auf der L550 untergeordnet.“

 

Es wird darauf hingewiesen, dass auch eine Vertreterin der Gemeinde Havixbeck an der Unfallkommissionssitzung teilgenommen hatte.

 

Der Beschluss wurde seitens der Straßenverkehrsbehörde gegenüber dem Landesbetrieb Straßenbau NRW nach den Regelungen der Straßenverkehrsordnung verkehrsrechtlich angeordnet und zwischenzeitlich vor Ort entsprechend umgesetzt.

 

Bewertung der Anregung:

Der Petent geht in seiner Anregung zunächst davon aus, dass die Maßnahme nur auf den einen tödlichen Verkehrsunfall zurückzuführen ist. Wie bereits dargestellt liegt dem Beschluss der Unfallkommission jedoch eine Häufung von Verkehrsunfällen mit einer Beteiligung von Radfahrern zugrunde.

 

Die nunmehr vorliegende Verkehrsführung entspricht den geltenden Regelungen der StVO und ist insoweit nicht missverständlich; eindeutig ist hier der Radfahrer dem Fahrzeugverkehr untergeordnet.

 

Es ist sicher richtig, dass die neue Verkehrsführung hier für Radfahrer sicher weniger komfortabel ist. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Unfalllage ist die Unfallkommission jedoch zu dem Schluss gekommen, dass hier der Verkehrssicherheit und dem Schutz der Radfahrer ein höherer Stellenwert zukommt, als die Leichtigkeit des Radverkehrs. Die Maßnahmen dienen hier insbesondere dem Schutz der Radfahrer vor den meist für sie schweren Folgen bei einem Verkehrsunfall, auch wenn die Radfahrer hier natürlich in der Regel nicht Unfallverursacher sind.

 

Stellungnahme zu den konkreten Verbesserungsvorschlägen:

 

Zu a) Auch die derzeitige Vorfahrtregelung ist allgemeingültig und StVO-konform.

 

Zu b) Auf der vorfahrtberechtigten Landesstraße gilt in beiden Fahrtrichtungen Tempo 70. Fahrzeuge aus der untergeordneten Fahrtrichtung haben keine Geschwindigkeitsbeschränkung, müssen aber an der Einmündung halten (VZ 206 – STOP). Diese Regelungen sind nicht zu beanstanden und waren in der Vergangenheit auch nicht unfallursächlich.

 

Zu c) Die Erhöhung der Sichtbarkeit des Radweges durch Markierungen (Roteinfärbung, Piktogramme) ist bereits im Jahr 2008 erfolgt, hat aber offensichtlich langfristig nicht den gewünschten Zweck erfüllt.

 

Zu d) Schon aus Gründen der Verkehrssicherungspflichten ist das Aufbringen von Schwellen auf dem Radweg sehr problematisch. Im Übrigen stellen diese selbst ein Gefährdungspotential für Radfahrer dar.

 

Zu e) Die Einsehbarkeit des Radweges war auch bisher gut und stellte kein grundsätzliches Problem dar, so dass Maßnahmen, wie ein Verkehrsspiegel oder weitere Hinweisschilder sicher nicht ausreichen, um die Verkehrssicherheit hier im notwendigen Umfang sicherzustellen.

 

Zu f) Eine Ampelanlage wäre sicher auch geeignet, die Unfalllage vor Ort zu verbessern. Diese Maßnahme hätte jedoch nur mit einem deutlich höheren Aufwand vollzogen werden können.

 

Zu g) Das Aufstellen eines Ghost-Bikes mag vorübergehend eine warnende Wirkung erzielen, die aber mit der Zeit durch einen Gewöhnungseffekt nachlässt. Die Maßnahme ist aber sicher nicht geeignet, um die Unfallhäufungsstelle zu entschärfen.

 

 

Seitens der Straßenverkehrsbehörde ist der Beschluss der Unfallkommission und die hieraus resultierende verkehrsrechtliche Anordnung auch nach erneuter Prüfung nicht zu beanstanden.

 

III. Alternativen

Der Kreisausschuss kann dem Landrat Empfehlungen aussprechen, an die er jedoch nicht gebunden ist.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Durch einen empfehlenden Beschluss des Kreisausschusses entstehen dem Kreis Coesfeld unmittelbar nur zu vernachlässigende Kosten.

 

 

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Die Zuständigkeit des Kreisausschusses ergibt aus § 21 KrO NRW i.V.m. § 18 der Hauptsatzung des Kreistages des Kreises Coesfeld vom 29.03.2017 in der zzt. geltenden Fassung.