Beschlussvorschlag:

 

1.)     Der Entwurf des Bedarfsplans für den Rettungsdienst des Kreises Coesfeld – Vierte Fortschreibung 2005 – wird zur Kenntnis genommen.

 

2.)     Die in dem Entwurf des Bedarfsplans aufgezeigten Standards sind angemessen und erforderlich, um einen bedarfsgerechten Rettungsdienst im Kreis Coesfeld zu gewährleisten.

 

3.)     Die Verwaltung wird beauftragt, auf der Grundlage des Entwurfs des Bedarfsplans das Beteiligungsverfahren durchzuführen.

 

Begründung:

 

I.   Problem

Nach § 12 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmen (Rettungsdienstgesetz NRW – RettG NRW) sind Kreise und kreisfreie Städte verpflichtet, Bedarfspläne aufzustellen und fortzuschreiben. Festzulegen sind darin insbesondere Zahl und Standorte der Rettungswachen, weitere Qualitätsanforderungen sowie die Zahl der erforderlichen Krankenkraftwagen und Notarzt-Einsatzfahrzeuge. Die Überprüfung und Fortschreibung muss spätestens alle vier Jahre erfolgen. Der derzeit gültige Bedarfsplan in Form der 3. Fortschreibung wurde durch den Kreistag am 12.12.2001 beschlossen.

 

Bevor der Bedarfsplan beschlossen wird, ist der Entwurf gem. § 12 Abs. 3 RettG den Trägern der Rettungswachen, den Hilfsorganisationen, den sonstigen Anbietern von rettungsdienstlichen Leistungen, den Verbänden der Krankenkassen und dem Landesverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der örtlichen Gesundheitskonferenz zur Stellungnahme zuzuleiten.

 

Die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports ist sicherzustellen. Übermäßige kostenintensive Vorhaltungen sollen vermieden werden. Dazu ist der Bedarf zu ermitteln und mit den vorhandenen Vorhaltungen zu vergleichen. Anpassungen sind darzustellen und zu begründen.

 

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW hat mit Erlass vom 15.06.2005 die Hilfsfrist (Eintreffzeit) neu definiert. Eintreffzeit ist der Zeitraum zwischen dem Eingang der Notfallmeldung in der zuständigen Leitstelle und dem Eintreffen des ersten (geeigneten) Rettungsmittels am Notfallort. Als Eingang der Notfallmeldung ist der Zeitpunkt anzusehen, an dem die erste Signalisierung (d. h. das erste Klingeln) der Notfallmeldung angezeigt wird.  Dies erforderte ein Neuberechnung der Eintreffzeiten, da der Kreis Coesfeld bislang vom Ende der Notfallmeldung bzw. der Alarmierung des ersten Rettungsmittels als Beginn der Hilfsfrist ausgegangen war. Die Hilfsfrist beträgt zwölf Minuten für ländliche Gebiete. Hierzu zählt der Kreis Coesfeld. Die Rechtsprechung fordert ein Sicherheitsniveau von mindestens 90 % der Einsätze mit Einhaltung der Hilfsfrist. Aus haftungsrechtlichen Gründen hat der Kreis mit seiner Bedarfsplanung die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um zumindest 90 % der Einsätze innerhalb der neu definierten Hilfsfrist bedienen zu können.

 

II.  Lösung

Die Ergebnisse der anzustellenden Erhebungen, Prüfungen, Feststellungen etc. können dem anliegenden Entwurf des Rettungsbedarfsplanes entnommen werden. Dieser Entwurf soll Grundlage für das gem. § 12 Abs. 3 RettG durchzuführende Beteiligungsverfahren (vgl. Seite 7) sein. Es ist vorgesehen, neben den nach dem RettG zu beteiligenden Stellen auch den Städten und Gemeinden des Kreises Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

Von wesentlicher Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob die bestehenden Strukturen ergänzt oder verändert werden müssen ist die Überprüfung der Rettungswachenvorsorgungsbereiche und der Standorte

a)      im Hinblick auf die mögliche Einhaltung der Hilfsfrist  und

b)      der bedarfsgerechten Ausstattung mit Rettungsmitteln.

 

Gegenüber der dritten Fortschreibung wurden die statistischen Auswertungen der Einsatzdaten und Berechnungen erheblich erweitert. Erstmals wurden für den gesamten Kreis die Einsatzzeiten kartographisch ermittelt. Hierzu wurden alle Einsätze der Jahre 2003 und 2004 ausgewertet. Die Randlagen des Kreisgebietes, die beim derzeitigen Zuschnitt der Wachbezirke innerhalb der Hilfsfrist nicht versorgt werden können, sind aus den Anlagen 5 (Seiten 1, 2 und 4 bis 8) und 6 ersichtlich.

 

Weiterhin war zu untersuchen, ob die derzeitige Stationierung je eines Rettungstransportwagen (RTW) in jedem Rettungswachengebiet ausreicht (Bediensicherheit). Der Grad der Unterversorgung wird ausgedrückt durch die notwendigen Einsätze von Rettungsmitteln benachbarter (zweit-, drittzuständiger) Wachen. Diese Einsätze sind in der Regel nicht innerhalb der Hilfsfrist abzuwickeln und haben unmittelbar Auswirkungen auf das Hilfsfristniveau. Die Ergebnisse diese Untersuchung ergeben sich aus Anlage 15.

 

Mit der derzeitigen Struktur und den zur Verfügung stehenden Mitteln sind kreisweit lediglich 88,5 % der Einsätze innerhalb der Hilfsfrist abzuwickeln (vgl. Seite 25). Das einzuhaltende Sicherheitsniveau von mindestens 90 % der Einsätze mit Einhaltung der Hilfsfrist wird um 1,5 % und das auf der Grundlage der dritten Fortschreibung festgeschriebene Niveau von 95 % um 6,5 % unterschritten.

 

Darüber hinaus ist festzustellen, dass im Bereich der Gemeinde Havixbeck die östliche Ortslage und der Ortsteil Hohenholte außerhalb der Hilfsfrist liegen (siehe Anlage 5, Seite 2). Hierbei handelt es sich nicht um Gebiete, die wegen einer geringen Notfallwahrscheinlichkeit planerisch vernachlässigt werden können. Weder eine Standortverlegung noch eine kreisübergreifende Zusammenarbeit haben sich zur Lösung dieser Situation als zielführend ergeben. Eine Verlegung bisheriger Standorte führt zwangsläufig zu einer Verschlechterung der bisherigen Versorgungslage von Ortskernen und im Zusammenhang bebauten Gebieten.

 

Das sich anschließende Gebiet des Kreises Steinfurt wird von der Rettungswache Steinfurt mit Standort im Ortsteil Borghorst versorgt. Von dort, sowie vom Standort der nächstgelegenen Rettungswache der Stadt Münster, Yorkring, sind die hier in Frage stehenden unterversorgten Gebiete innerhalb des Hilfsfrist nicht erreichbar. Selbst eine künftige Einrichtung einer Rettungswache in der nächstgelegenen Gemeinde Altenberge würde nicht zu Einhaltung der Hilfsfristen in Havixbeck führen.

 

Die Stationierung eines rund um die Uhr besetzten RTW in Havixbeck ist zur flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung im Sinne des Rettungsgesetzes erforderlich.

 

Das davon unabhängig weiterhin nicht ausreichende Sicherheitsniveau hat seine Ursachen außerdem in der nicht ausreichenden Bediensicherheit insbesondere in den Wachen Coesfeld, Dülmen und Lüdinghausen (vgl. Anlage 15).

Der Bedarfsplan sieht daher für die Wachbezirke Coesfeld und Dülmen jeweils die einschichtige Besetzung eines weiteren RTW vor.

 

Zur Hebung des Sicherheitsniveaus im Wachbezirk Lüdinghausen wird eine kreisübergreifende Zusammenarbeit mit dem Kreis Recklinghausen für die Versorgung des Gebietes bzw. von Teilen des Gebietes der Stadt Olfen angestrebt. Anders als in der nordöstlichen Randlage des Kreises ist hier der Einsatz eines RTW von der nächstgelegenen Wache Datteln im Kreis Recklinghausen innerhalb von 6 bis 12 Minuten für Teile des Stadtgebietes Olfen möglich. Informelle Gespräche mit den Beteiligten im Kreis Recklinghausen haben stattgefunden. Sie sollen mit dem Ziel des Abschlusses einer entsprechenden Vereinbarung fortgeführt werden. Mit diesem Ziel soll auch die bisher schon praktizierte nachbarschaftliche Hilfeleistung der Wache Selm des Kreises Unna für den Ortsteil Vinnum intensiviert werden. Diese Maßnahmen werden die Rettungswache Lüdinghausen entlasten und damit das Sicherheitsniveau verbessern.

 

Insgesamt sollen mit der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen kreisweit 95 % aller Einsätze innerhalb der Hilfsfrist von zwölf Minuten erreicht werden können.

 

Nach entsprechender Beschlussfassung soll das Beteiligungsverfahren eingeleitet werden.

 

Weitere Erläuterungen des vorliegenden Entwurfs können in der Sitzung des Fachausschusses erfolgen.

 

III. Alternativen

Die Bedarfsplanung berücksichtigt kreisweit ein Sicherheitsniveaus von 95 %. Abgestufte Maßnahmen, die ein Sicherheitsniveau von mindestens 90 % berücksichtigen, sind denkbar.

Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass durch Einzelinitiativen von Trägern des Rettungsdienstes die Rücknahme bzw. Änderung der o.a. Weisung zur Berechnung der Hilfsfrist angestrebt wird.

 

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

Der Rettungsdienst als kostenrechnende Einrichtung finanziert sich zu 100 % aus Rettungsdienstgebühren. Die im Bedarfsplan vorgeschlagenen Erweiterungen des Rettungsdienstes führen zu insgesamt 14 zusätzlichen Rettungsassistenten-Stellen, acht davon für die Stationierung eines RTW in Havixbeck und je drei für die zusätzlichen RTW in Coesfeld und Dülmen. Dies ergibt einen Mehraufwand von ca. 560.000 € jährlich.

 

Zusätzliche Investitionskosten für die Beschaffung von zwei weiteren RTW belaufen sich auf ca. 270.000 €. Ein Reserve-RTW soll für den einschichtigen Einsatz in Coesfeld genutzt werden, so dass sich die Zahl der Reserve-RTW auf zwei reduziert. Aus den Investitionskosten entstehen für die Folgejahre kalkulatorische Kosten in Höhe von ca. 50.000 € jährlich.

 

Kosten für die Anmietung oder die Errichtung von Räumlichkeiten, die als Rettungswache in Havixbeck dienen könnten, sind derzeit nicht kalkulierbar. Ebenso können die Kosten für eine Zusammenarbeit mit den Nachbarkreisen zur optimierten Versorgung von Olfen nicht beziffert werden.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

Die Beschlussfassung der Fortschreibung der Bedarfsplans obliegt dem Kreistag.

 

In der gegenwärtigen Phase der Erstellung des Entwurfs des Bedarfsplans soll sich zunächst nur der zuständige Ausschuss für Öffentliche Sicherheit, Gesundheit und Verkehr mit der Fachdiskussion befassen.

 

Kreisausschuss und Kreistag werden nach Vorliegen der Stellungnahmen der zu beteiligenden Stellen in das Beschlussverfahren einbezogen.

Anlagen:

 

Entwurf der Vierten Fortschreibung des Rettungsdienst-Bedarfsplans des Kreises Coesfeld