Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung von den Verboten des § 41 Landesnaturschutzgesetz für die Beseitigung eines Alleebaums zur Erschließung des geplanten Wohngebiets Baakenesch Nord in Coesfeld zu.
Die Stadt Coesfeld beabsichtigt die
Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 162 „Wohngebiet Baakenesch Nord“. Die
Planung sieht ca. 32 Baugrundstücke für Mikrohäuser und 8 Baugrundstücke für
Einfamilienhäuser vor. Weitere Angaben zu dem Vorhaben sind dem Antrag auf
Befreiung der Stadt Coesfeld (Anlage 1) zu entnehmen.
Für die verkehrliche Erschließung des
Gebietes ist eine Anbindung an die Straße „Lindenallee“ geplant.
Durch die Anlage dieses Erschließungsweges ist
ein Abschnitt einer Allee betroffen, die im Alleenkataster der Landes NRW unter
der Kennung AL-COE-0022 „Lindenallee“ geführt wird. Die Allee weist dabei
nördlich der geplanten Anbindung einen alten landschaftsprägenden Baumbestand
auf, südlich sind deutlich jüngere Bäume vorhanden. Die Gesamtlänge der Allee
wird im Kataster mit einer Länge von 550 m angegeben. Im Bereich der
Anbindung müsste aus dieser Allee ein Baum gefällt werden.
Für das geplante Vorhaben ist eine Befreiung
gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von dem Verbot des § 41
Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz erforderlich.
Die Befreiung kann gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG auf
Antrag gewährt werden, wenn
1. dies aus Gründen des überwiegenden
öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher
Art, notwendig ist oder
2. die Durchführung der Vorschriften im
Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit
den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Mit Datum vom 14.03.2023 hat die Stadt
Coesfeld einen Antrag auf Befreiung von dem geltenden Verbot gestellt.
Da mit dem Vorhaben keine oder nur
geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten sind, wurde auf
eine Beteiligung der Naturschutzverbände gemäß § 66 Abs. 2 LNatSchG
verzichtet.
Abwägungsentscheidung
Die Erteilung
einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG setzt voraus, dass
öffentliche Interessen vorliegen, welche die naturschutzrechtlichen Belange
überwiegen. Das öffentliche Interesse, das die Außerachtlassung
naturschutzrechtlicher Ge- und Verbote rechtfertigen soll, muss dabei ein
qualifiziertes, hingegen kein zwingendes öffentliches Interesse sein.
Die von der
Stadt Coesfeld beabsichtigte Ausweisung von zusätzlichen Wohnbauflächen und den
damit verbundenen Erschließungserfordernissen ist dabei als hinreichendes
öffentliches Interesse zu werten.
Die Gewährung
einer Befreiung kommt zudem nur in atypischen und daher vom Gesetzgeber
erkennbar nicht vorhergesehenen Einzelfällen aufgrund einer Einzelfallprüfung
in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. September 1992 - 7 B 130.92 -
Buchholz 406.401 § 31 BNatSchG Nr. 2 S. 2).
Der
erforderliche Eingriff in das Gefüge der Allee durch die Anlage des neuen
Erschließungsweges ist dabei als atypischer Einzelfall zu werten.
Planungsalternativen,
die zu einer Vermeidung des Eingriffs in den Alleebestand führen könnten,
drängen sich im vorliegenden Fall nicht auf. Hier käme nur eine zusätzliche
Erschließung nach Norden oder eine Ringerschließung mit einer zusätzlichen
Verkehrsfläche nördlich der geplanten Gebäude in Frage. Bei einer zusätzlichen Länge
dieser Verkehrswege von jeweils mehr als 250 m sind diese Varianten auch
nicht als verhältnismäßig zu werten.
Der Eingriff in die Allee bezieht sich auf
einen eng umgrenzten Bereich an der Lindenallee und hier auf einen Baum. Der
Eingriff in die Allee ist hier bei der geplanten Erschließung nicht weiter
vermeidbar. Die Beeinträchtigung der Allee selber ist auch als geringfügig an
zu sehen. Es entsteht eine kurze Lücke von deutlich weniger als 100 m
durch den Verlust des einzelnen Baums, so dass der Bestand auch weiterhin als
Allee im Sinne des Alleenkatasters zu werten ist (https://alleen.naturschutzinformationen.nrw.de/alleen/de/Alleen
im Sinne des Alleenkatasters).
Im Rahmen der Abwägung zwischen dem
öffentlichen Interesse an der Schaffung von Wohnflächen und den damit
verbundenen Anforderungen an die Erschließung und der betroffenen Allee kommt
die untere Naturschutzbehörde damit zu der Entscheidung, dass in diesem Falle
eine Befreiung vom § 41 Abs. 1 LNatSchG erteilt werden kann.
Artenschutzrechtliche
Belange
Bei dem betroffenen Baum handelt es sich
um eine Linde mit einem Stammdurchmesser von ca. 20 cm. Besondere Habitatstrukturen
wie z. B. Baumhöhlen sind an dem Baum nicht festzustellen.
Bei Beachtung der gesetzlich
eingeschränkten Fällzeiten ist damit nicht von einem Verstoß gegenüber den
artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten auszugehen.
Ersatzpflanzungen
für den Verlust des Alleebaumes
Da innerhalb der
Allee selber keine Möglichkeiten für Ersatzpflanzungen zu finden sind, ist eine
externe Kompensation für den Verlust des Baumbestandes erforderlich. Die
Kompensation wird im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplanes geregelt.
Die Befreiung
soll mit folgenden Nebenbestimmungen erteilt werden:
- Bei der
Durchführung der Baumaßnahme ist in jedem Fall naturschonend vorzugehen.
Dies bedeutet insbesondere, dass prägende Landschaftsbestandteile (Hecken,
Bäume, Geländeböschungen, Kleingewässer etc.) unbeschädigt und
unbeeinträchtigt zu erhalten sind.
- Die
Flächeninanspruchnahme für den Baubetrieb ist auf das geringstmögliche Maß
zu reduzieren.
- Die Fällung
des Baums darf ausschließlich im Zeitraum zwischen dem 01.10 und 28./29.02
des Folgejahres erfolgen (§ 39 Abs.2 Nr.5 BNatSchG).
- Die
Eingriffsregelung und die Festlegung von geeigneten Kompensationsmaßnahmen
ist im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes „Baakenesch Nord“
festzulegen.
- Die
Befreiung gilt nur in Verbindung mit dem rechtskräftigen Bebauungsplan
„Baakenesch Nord“