Betreff
Beseitigung eines Alleebaums in Coesfeld
Vorlage
SV-10-0891
Aktenzeichen
70.2
Art
Sitzungsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag:

 

Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung von den Verboten des § 41 Landesnaturschutzgesetz für die Beseitigung eines Alleebaums zur Erschließung des geplanten Wohngebiets Baakenesch Nord in Coesfeld zu.

 

 

Begründung:

Die Stadt Coesfeld beabsichtigt die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 162 „Wohngebiet Baaken­esch Nord“. Die Planung sieht ca. 32 Baugrundstücke für Mikrohäuser und 8 Baugrundstücke für Einfamilienhäuser vor. Weitere Angaben zu dem Vorhaben sind dem Antrag auf Befreiung der Stadt Coesfeld (Anlage 1) zu entnehmen.

 

Für die verkehrliche Erschließung des Gebietes ist eine Anbindung an die Straße „Lindenallee“ geplant.

 

Durch die Anlage dieses Erschließungsweges ist ein Abschnitt einer Allee betroffen, die im Alleenkataster der Landes NRW unter der Kennung AL-COE-0022 „Lindenallee“ geführt wird. Die Allee weist dabei nördlich der geplanten Anbindung einen alten landschaftsprägenden Baumbestand auf, südlich sind deutlich jüngere Bäume vorhanden. Die Gesamtlänge der Allee wird im Kataster mit einer Länge von 550 m angegeben. Im Bereich der Anbindung müsste aus dieser Allee ein Baum gefällt werden.

 

Für das geplante Vorhaben ist eine Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von dem Verbot des § 41 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz erforderlich.

 

Die Befreiung kann gem. § 67 Abs. 1 BNatSchG auf Antrag gewährt werden, wenn

1.    dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder

2.    die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

 

Mit Datum vom 14.03.2023 hat die Stadt Coesfeld einen Antrag auf Befreiung von dem geltenden Verbot gestellt.

 

Da mit dem Vorhaben keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten sind, wurde auf eine Beteiligung der Naturschutzverbände gemäß § 66 Abs. 2 LNatSchG verzichtet.

 

Abwägungsentscheidung

Die Erteilung einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG setzt voraus, dass öffentliche Interessen vorliegen, welche die naturschutzrechtlichen Belange überwiegen. Das öffentliche Interesse, das die Außerachtlassung naturschutzrechtlicher Ge- und Verbote rechtfertigen soll, muss dabei ein qualifiziertes, hingegen kein zwingendes öffentliches Interesse sein.

Die von der Stadt Coesfeld beabsichtigte Ausweisung von zusätzlichen Wohnbauflächen und den damit verbundenen Erschließungserfordernissen ist dabei als hinreichendes öffentliches Interesse zu werten.

 

Die Gewährung einer Befreiung kommt zudem nur in atypischen und daher vom Gesetzgeber erkennbar nicht vorhergesehenen Einzelfällen aufgrund einer Einzelfallprüfung in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. September 1992 - 7 B 130.92 - Buchholz 406.401 § 31 BNatSchG Nr. 2 S. 2).

Der erforderliche Eingriff in das Gefüge der Allee durch die Anlage des neuen Erschließungsweges ist dabei als atypischer Einzelfall zu werten.

 

Planungsalternativen, die zu einer Vermeidung des Eingriffs in den Alleebestand führen könnten, drängen sich im vorliegenden Fall nicht auf. Hier käme nur eine zusätzliche Erschließung nach Norden oder eine Ringerschließung mit einer zusätzlichen Verkehrsfläche nördlich der geplanten Gebäude in Frage. Bei einer zusätzlichen Länge dieser Verkehrswege von jeweils mehr als 250 m sind diese Varianten auch nicht als verhältnismäßig zu werten.

 

Der Eingriff in die Allee bezieht sich auf einen eng umgrenzten Bereich an der Lindenallee und hier auf einen Baum. Der Eingriff in die Allee ist hier bei der geplanten Erschließung nicht weiter vermeidbar. Die Beeinträchtigung der Allee selber ist auch als geringfügig an zu sehen. Es entsteht eine kurze Lücke von deutlich weniger als 100 m durch den Verlust des einzelnen Baums, so dass der Bestand auch weiterhin als Allee im Sinne des Alleenkatasters zu werten ist (https://alleen.natur­schutzinformationen.nrw.de/alleen/de/Alleen im Sinne des Alleenkatasters).

 

Im Rahmen der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Schaffung von Wohnflächen und den damit verbundenen Anforderungen an die Erschließung und der betroffenen Allee kommt die untere Naturschutzbehörde damit zu der Entscheidung, dass in diesem Falle eine Befreiung vom § 41 Abs. 1 LNatSchG erteilt werden kann.

 

Artenschutzrechtliche Belange

Bei dem betroffenen Baum handelt es sich um eine Linde mit einem Stammdurchmesser von ca. 20 cm. Besondere Habitatstrukturen wie z. B. Baumhöhlen sind an dem Baum nicht festzustellen.

Bei Beachtung der gesetzlich eingeschränkten Fällzeiten ist damit nicht von einem Verstoß gegenüber den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten auszugehen.

 

Ersatzpflanzungen für den Verlust des Alleebaumes

Da innerhalb der Allee selber keine Möglichkeiten für Ersatzpflanzungen zu finden sind, ist eine externe Kompensation für den Verlust des Baumbestandes erforderlich. Die Kompensation wird im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplanes geregelt.

 

 

Die Befreiung soll mit folgenden Nebenbestimmungen erteilt werden:

  • Bei der Durchführung der Baumaßnahme ist in jedem Fall naturschonend vorzugehen. Dies bedeutet insbesondere, dass prägende Landschaftsbestandteile (Hecken, Bäume, Geländeböschungen, Kleingewässer etc.) unbeschädigt und unbeeinträchtigt zu erhalten sind.
  • Die Flächeninanspruchnahme für den Baubetrieb ist auf das geringstmögliche Maß zu reduzieren.
  • Die Fällung des Baums darf ausschließlich im Zeitraum zwischen dem 01.10 und 28./29.02 des Folgejahres erfolgen (§ 39 Abs.2 Nr.5 BNatSchG).
  • Die Eingriffsregelung und die Festlegung von geeigneten Kompensationsmaßnahmen ist im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes „Baakenesch Nord“ festzulegen.
  • Die Befreiung gilt nur in Verbindung mit dem rechtskräftigen Bebauungsplan „Baakenesch Nord“

 

Anlagen:

 

1.         Antrag auf Befreiung

2.         Übersichtsplan

3.         Städtebaulicher Entwurf