Betreff
Revision der WestfalenTarif GmbH
Vorlage
SV-10-1018
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.    Der Kreistag nimmt den Bericht und das Gutachten zur Phase B der Revision zur Kenntnis. Die Ergebnisse dieses Berichtes werden als Grundlage zur Ausarbeitung der Phase C anerkannt.

 

2.    Der Kreistag fordert, dass die Aufgabenträger im Rahmen des Migrationsprozesses in die Diskussion zur zukünftigen Finanzierung wie auch zu den zukünftigen Aufgabenbereichen (bspw. der Einnahmeaufteilung) der Westfalentarif GmbH einbezogen werden und dass der Migrationsprozess möglichst nach drei Jahren abgeschlossen sein sollte.

Sachdarstellung

 

Im Bereich des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) ist der Westfalentarif (WT) der Tarifverbund des öffentlichen Personenverkehrs, der in allen Bussen, Stadtbahnen sowie Nahverkehrszügen Anwendung findet. Gesellschafter der WTG sind bislang neben dem (NWL) die vier regionalen Tarifgesellschaften Münsterland/ Ruhr-Lippe GmbH (TGM-RL), die OWL Verkehr GmbH (OWLV), die Verbundgesellschaft Paderborn/Höxter (VPH) sowie die Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd GbR (VGWS).

 

Bereits bei Gründung der WestfalenTarif GmbH (WTG) im Jahre 2017 wurde ein Revisionsprozess vereinbart, der die Effektivität der Organisation und der internen Arbeitsabläufe mit dem Ziel der Prozessoptimierung bewerten soll. Entsprechend wurde im Jahr 2021 nach einem Ausschreibungsverfahren ein unterstützendes Gutachterbüro, die PwC GmbH, beauftragt, den Revisionsprozess zu begleiten und dieser in die drei Phasen A (Grobkonzept), B (Vertiefung) und C (Umsetzung) aufgeteilt. Die Phasen A und B konnten mit sehr umfangreichen Beteiligungen der heutigen Gesellschafter seitens des Gutachters jetzt abgeschlossen werden.

 

Zentrale Ergebnisse der Phase B (bzw. des PwC-Gutachtens Anlage 1) sind die Änderung der bisherigen Organisations- und Entscheidungsstrukturen in der WTG, die mit einer veränderten Finanzierungsstruktur einhergehen. Bislang ist die WTG nach dem sog. 3-Ebenen-Modell organisiert mit der Westfälischen Ebene, der Ebene der regionalen Tarifgesellschaften und der lokalen Ebene. In Zukunft sollen nur noch die Westfälische Ebene sowie die Städte und Kreise als gesetzliche Aufgabenträger des ÖPNV bestimmend sein. Ob es zusätzlich noch der bisherigen regionalen Tariforganisationen bedarf, entscheiden deren Gesellschafter unabhängig von der WTG neu. Der Diskussionsprozess innerhalb der TGM-RL ist ebenfalls gestartet.

 

a)         Subsidiaritätsmodell

 

Trotz der als notwendig erachteten Bündelung der regionalen Interessen hin zur WTG neu soll der nachgeordneten Ebene (Städte und Kreise als gesetzliche Aufgabenträger des ÖPNV) im tariflichen Bereich Gestaltungsspielräume überlassen bleiben. Deshalb soll der WTG neu zwar die ausschließliche Verantwortung für die gesamtwestfälischen Tarifprodukte übertragen werden, den Städten und Kreisen als gesetzlichen Aufgabenträgern aber eine eigenständige Preisgestaltung bei westfalenweit einheitlichem Produktportfolio ermöglicht werden.

 

b)        Entscheidungsstrukturen und Stimmrechte

 

Parallel zur Neugestaltung der Tarifzuständigkeiten müssen sich auch die Entscheidungsstrukturen in der WTG neu ändern. Anstelle der bisherigen vier regionalen Tarifgesellschaften und des NWL treten nun die erlösverantwortlichen Partner im Westfalentarif als direkte Gesellschafter der WTG neu auf. Dabei handelt es sich um die gesetzlichen Aufgabenträger für den ÖPNV und den SPNV, die sich auch beispielsweise durch eigene kommunale Verkehrsunternehmen oder Aufgabenträgergesellschaften vertreten lassen können (auch anteilig möglich). Mit der Veränderung der Entscheidungsstrukturen geht auch eine neue Stimmrechtsgewichtung einher, die sich zukünftig nach den Erlösanteilen im Westfalentarif richten soll. Um eine Majorisierung einzelner Gesellschafter zu verhindern, wird ein grundsätzliches Quorum von 75% favorisiert, wobei für wichtige, insbesondere erlöswirksame Entscheidungen (Einnahmeaufteilung) ein Quorum von 90% als empfehlenswert angesehen wird. Eine finale Ausarbeitung soll in der noch zu beauftragenden Phase C vorgenommen werden.

 

c)         Verwaltung und personelle Ausstattung

 

Bislang verfügt die WTG über kein eigenes Personal, vielmehr werden die Tätigkeiten im Rahmen von kostenpflichtigen Dienstleistungsverträgen mit zwei regionalen Tarifgesellschaften (TGM-RL und OWLV) wahrgenommen. Zukünftig soll die WTG neu über eigenständig bei ihr angestelltes Personal verfügen und von einer hauptamtlichen Geschäftsführung geleitet werden.

 

Die favorisierte organisatorische Struktur wäre dann wie folgt:

 

Eine explizite Bemessung und Bewertung der Stellen erfolgt in der noch zu beauftragenden Phase C.

 

d)        Finanzierungsanteile

 

Mit der Veränderung der Entscheidungsstrukturen und der Stimmrechte geht auch eine Veränderung hinsichtlich der Finanzierungsanteile der WTG neu einher. Bislang tragen der NWL mit 80% und die vier regionalen Tarifgesellschaften mit insgesamt 20% zur Finanzierung der WTG bei. Diese Aufteilung war als Anschubfinanzierung gedacht. Künftig sollen sich die Finanzierungsanteile, ebenso wie die Stimmrechte, an den Erlösanteilen, die die jeweiligen Gesellschafter im Westfalentarif erzielen, orientieren. Aufgrund der zum Teil erheblichen Anteilsverschiebungen sollen die Finanzierungsanteile nicht unmittelbar mit dem Start der WTG neu (geplant zum 1. Januar 2025) umgesetzt werden, sondern über einen Zeitraum von drei Jahren.

 

e)        Weitere Planungen des Revisionsprozesses der WTG

 

Der weitere Zeitplan des Revisionsprozesses sieht vor, dass am 12.12.2023 die Ergebnisse der Phase B des Gutachtens durch die Gesellschafterversammlung der WTG bestätigt und die Phase C (Umsetzung) beauftragt wird. Für die Phase C wird ein Zeitraum von einem halben Jahr (1. und 2. Quartal 2024) veranschlagt. Das zweite Halbjahr 2024 ist für die erneute Diskussion und Meinungsbildung zu den Ergebnissen der Phase C geplant, bevor dann im ersten Halbjahr 2025 das kommunale Beteiligungsverfahren auf Grundlage der dann abgestimmten Ergebnisse und Vertragswerke gestartet werden soll.

 

In den letzten Wochen zeichnet sich eine Tendenz bei einigen Beteiligten ab, die insbesondere vor dem Hintergrund der Neujustierung der Stimmanteile und der Finanzbeiträge am bisherigen System festhalten und die Strukturen im Eigeninteresse bewahren wollen. Der Gesellschafter NWL hat allerdings bereits darauf hingewiesen, dass die derzeitige Finanzaufteilung aus seiner Sicht untragbar ist. Er hat daher angekündigt, den Konsortialvertrag, der den Kostenanteil des NWL regelt, mit Wirkung zum 31.12.2024 zu kündigen, für den Fall, dass die Gesellschafterversammlung der WT am 12.12.2023 nicht den Empfehlungen des Gutachters folgen sollte.

 

Das Deutschlandticket bzw. dessen Auswirkungen auf die WTG neu werden ebenfalls in der noch zu beauftragenden Phase C bewertet. Nach Aussage des NWL ist mit der weiteren Entwicklung des Deutschlandtickets schon jetzt absehbar, dass ein Großteil (> 50%) der Fahrgeldeinnahmen aus dem Westfalentarif abwandern. Für die Verwaltung der Resteinnahmen aus dem Westfalentarif müsste dann mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit zwingend auch der Aufwand für die Verwaltung des Tarifes angepasst werden.

 

Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Kreistag gem. § 26 KrO.