Beschlussvorschlag:
1.
Der Kreistag nimmt den Bericht und das Gutachten zur Phase B der
Revision zur Kenntnis. Die Ergebnisse dieses Berichtes werden als Grundlage zur
Ausarbeitung der Phase C anerkannt.
2.
Der Kreistag fordert, dass die Aufgabenträger im Rahmen des
Migrationsprozesses in die Diskussion zur zukünftigen Finanzierung wie auch zu
den zukünftigen Aufgabenbereichen (bspw. der Einnahmeaufteilung) der
Westfalentarif GmbH einbezogen werden und dass der Migrationsprozess möglichst
nach drei Jahren abgeschlossen sein sollte.
Sachdarstellung
Im Bereich des Zweckverbandes
Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) ist der Westfalentarif (WT) der Tarifverbund
des öffentlichen Personenverkehrs, der in allen Bussen, Stadtbahnen sowie
Nahverkehrszügen Anwendung findet. Gesellschafter der WTG sind bislang neben
dem (NWL) die vier regionalen Tarifgesellschaften Münsterland/ Ruhr-Lippe GmbH
(TGM-RL), die OWL Verkehr GmbH (OWLV), die Verbundgesellschaft Paderborn/Höxter
(VPH) sowie die Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd GbR (VGWS).
Bereits bei Gründung der WestfalenTarif
GmbH (WTG) im Jahre 2017 wurde ein Revisionsprozess vereinbart, der die
Effektivität der Organisation und der internen Arbeitsabläufe mit dem Ziel der
Prozessoptimierung bewerten soll. Entsprechend wurde im Jahr 2021 nach einem
Ausschreibungsverfahren ein unterstützendes Gutachterbüro, die PwC GmbH,
beauftragt, den Revisionsprozess zu begleiten und dieser in die drei Phasen A
(Grobkonzept), B (Vertiefung) und C (Umsetzung) aufgeteilt. Die Phasen A und B
konnten mit sehr umfangreichen Beteiligungen der heutigen Gesellschafter
seitens des Gutachters jetzt abgeschlossen werden.
Zentrale Ergebnisse der Phase B (bzw.
des PwC-Gutachtens Anlage 1) sind die Änderung der bisherigen
Organisations- und Entscheidungsstrukturen in der WTG, die mit einer veränderten
Finanzierungsstruktur einhergehen. Bislang ist die WTG nach dem sog.
3-Ebenen-Modell organisiert mit der Westfälischen Ebene, der Ebene der
regionalen Tarifgesellschaften und der lokalen Ebene. In Zukunft sollen nur
noch die Westfälische Ebene sowie die Städte und Kreise als gesetzliche
Aufgabenträger des ÖPNV bestimmend sein. Ob es zusätzlich noch der bisherigen
regionalen Tariforganisationen bedarf, entscheiden deren Gesellschafter
unabhängig von der WTG neu. Der Diskussionsprozess innerhalb der TGM-RL ist
ebenfalls gestartet.
a)
Subsidiaritätsmodell
Trotz der als notwendig erachteten
Bündelung der regionalen Interessen hin zur WTG neu soll der nachgeordneten
Ebene (Städte und Kreise als gesetzliche Aufgabenträger des ÖPNV) im
tariflichen Bereich Gestaltungsspielräume überlassen bleiben. Deshalb soll der
WTG neu zwar die ausschließliche Verantwortung für die gesamtwestfälischen
Tarifprodukte übertragen werden, den Städten und Kreisen als gesetzlichen
Aufgabenträgern aber eine eigenständige Preisgestaltung bei westfalenweit
einheitlichem Produktportfolio ermöglicht werden.
b)
Entscheidungsstrukturen und Stimmrechte
Parallel zur Neugestaltung der
Tarifzuständigkeiten müssen sich auch die Entscheidungsstrukturen in der WTG
neu ändern. Anstelle der bisherigen vier regionalen Tarifgesellschaften und des
NWL treten nun die erlösverantwortlichen Partner im Westfalentarif als direkte
Gesellschafter der WTG neu auf. Dabei handelt es sich um die gesetzlichen
Aufgabenträger für den ÖPNV und den SPNV, die sich auch beispielsweise durch
eigene kommunale Verkehrsunternehmen oder Aufgabenträgergesellschaften
vertreten lassen können (auch anteilig möglich). Mit der Veränderung der
Entscheidungsstrukturen geht auch eine neue Stimmrechtsgewichtung einher, die
sich zukünftig nach den Erlösanteilen im Westfalentarif richten soll. Um eine
Majorisierung einzelner Gesellschafter zu verhindern, wird ein grundsätzliches
Quorum von 75% favorisiert, wobei für wichtige, insbesondere erlöswirksame
Entscheidungen (Einnahmeaufteilung) ein Quorum von 90% als empfehlenswert
angesehen wird. Eine finale Ausarbeitung soll in der noch zu beauftragenden
Phase C vorgenommen werden.
c)
Verwaltung und personelle Ausstattung
Bislang verfügt die WTG über kein
eigenes Personal, vielmehr werden die Tätigkeiten im Rahmen von
kostenpflichtigen Dienstleistungsverträgen mit zwei regionalen
Tarifgesellschaften (TGM-RL und OWLV) wahrgenommen. Zukünftig soll die WTG neu
über eigenständig bei ihr angestelltes Personal verfügen und von einer
hauptamtlichen Geschäftsführung geleitet werden.
Die favorisierte organisatorische Struktur wäre dann wie folgt:
Eine explizite Bemessung und Bewertung der Stellen erfolgt in der
noch zu beauftragenden Phase C.
d)
Finanzierungsanteile
Mit der Veränderung der
Entscheidungsstrukturen und der Stimmrechte geht auch eine Veränderung
hinsichtlich der Finanzierungsanteile der WTG neu einher. Bislang tragen der
NWL mit 80% und die vier regionalen Tarifgesellschaften mit insgesamt 20% zur
Finanzierung der WTG bei. Diese Aufteilung war als Anschubfinanzierung gedacht.
Künftig sollen sich die Finanzierungsanteile, ebenso wie die Stimmrechte, an
den Erlösanteilen, die die jeweiligen Gesellschafter im Westfalentarif
erzielen, orientieren. Aufgrund der zum Teil erheblichen Anteilsverschiebungen
sollen die Finanzierungsanteile nicht unmittelbar mit dem Start der WTG neu
(geplant zum 1. Januar 2025) umgesetzt werden, sondern über einen Zeitraum von
drei Jahren.
e)
Weitere Planungen des Revisionsprozesses der
WTG
Der weitere Zeitplan des
Revisionsprozesses sieht vor, dass am 12.12.2023 die Ergebnisse der Phase B des
Gutachtens durch die Gesellschafterversammlung der WTG bestätigt und die Phase
C (Umsetzung) beauftragt wird. Für die Phase C wird ein Zeitraum von einem
halben Jahr (1. und 2. Quartal 2024) veranschlagt. Das zweite Halbjahr 2024 ist
für die erneute Diskussion und Meinungsbildung zu den Ergebnissen der Phase C
geplant, bevor dann im ersten Halbjahr 2025 das kommunale Beteiligungsverfahren
auf Grundlage der dann abgestimmten Ergebnisse und Vertragswerke gestartet
werden soll.
In den letzten Wochen zeichnet sich
eine Tendenz bei einigen Beteiligten ab, die insbesondere vor dem Hintergrund
der Neujustierung der Stimmanteile und der Finanzbeiträge am bisherigen System
festhalten und die Strukturen im Eigeninteresse bewahren wollen. Der
Gesellschafter NWL hat allerdings bereits darauf hingewiesen, dass die
derzeitige Finanzaufteilung aus seiner Sicht untragbar ist. Er hat daher
angekündigt, den Konsortialvertrag, der den Kostenanteil des NWL regelt, mit
Wirkung zum 31.12.2024 zu kündigen, für den Fall, dass die
Gesellschafterversammlung der WT am 12.12.2023 nicht den Empfehlungen des
Gutachters folgen sollte.
Das Deutschlandticket bzw. dessen
Auswirkungen auf die WTG neu werden ebenfalls in der noch zu beauftragenden
Phase C bewertet. Nach Aussage des NWL ist mit der weiteren Entwicklung des
Deutschlandtickets schon jetzt absehbar, dass ein Großteil (> 50%) der
Fahrgeldeinnahmen aus dem Westfalentarif abwandern. Für die Verwaltung der
Resteinnahmen aus dem Westfalentarif müsste dann mit Blick auf die
Wirtschaftlichkeit zwingend auch der Aufwand für die Verwaltung des Tarifes
angepasst werden.
Zuständigkeit für die Entscheidung
Kreistag gem. § 26 KrO.